M i MAs Kladden: Mit festem, klarem Händedruck. Oder: Vom Glück ein anspruchsvolles Leben zu führen.

16. Januar 2014
M i MAs Kladden: Mit festem, klarem Händedruck. Oder: Vom Glück eines anspruchsvollen Leben.  Anna Deyerling, Café Neun, SOhn
links: Anna Deyerling und ihr Sohn | rechts: Einer von Annas Lieblingsorten in Berlin – das Café Neun



‚Ich sehe es als großes Privileg an, mich beruflich verwirklichen und gleichzeitig das Leben mit meinem Sohn teilen zu können‘, sagt Anna Deyerling. Wir sitzen in ihrem Büro am Engeldamm in Kreuzberg. Ihr Händedruck hallt in mir nach: kurz und fest und klar. So reicht man sich die Hand in der Welt der Entscheider. Dort war Anna jahrelang zu hause. Die studierte Informationsmanagerin mit einem Master in European Business hat bei einer internationalen Unternehmensberatung und einem großen Transportunternehmen auf Vorstandsebene gearbeitet, bevor sie vor rund drei Jahren ihre eigene Chefin wurde. Seit knapp einem Jahr lebt die 33jährige Unternehmerin getrennt vom Vater ihres zweijährigen Sohns. Das war – wie wohl in den seltensten Fällen – nicht so gedacht. Doch Anna, die – wie sie selbst sagt – sehr behütet und naturverbunden in einer bayrischen Kleinstadt aufgewachsen ist, hat sich eingerichtet in ihrem neuem Leben. Was manchen die Beine ausreißt, macht sie mit Bravour: den Spagat zwischen Kind und Beruf.
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Anna Deyerling ist Geschäftsführerin von Sitzfeldt  (im November letzten Jahres habe ich darüber berichtet). Anfang 2010 hat sie das Sofa-Unternehmen zusammen mit ihrem Bruder Clemens Deyerling und ihrem gemeinsamen Freund Julius Martini gegründet. Auch das war nicht von langer Hand geplant, obgleich Anna und Clemens aus einer Unternehmerfamilie stammen. Ihr Vater war – wie sie selbst heute sind – selbstständiger Unternehmer in der Möbelbranche. Doch dass sie einst in seine Fußstapfen treten würden, war längst nicht immer klar. ‚Mein Bruder hatte die eigentliche Idee, Sitzfeldt zu gründen. Er hat die Chance gesehen, qualitativ hochwertige Produkte zu einem guten Preis anzubieten und früh das Potential des E-Commerce für Möbel erkannt. Er und Julius Martini wohnten damals (vor über vier Jahren) zusammen in Berlin. Irgendwann luden sie mich in ihre Studentenwohnung und erzählten mir von ihren Plänen. Zuerst habe ich es erst gar nicht so ernst genommen, aber dann wurde mir schnell klar: Die machen das auch ohne mich. Ich habe mir vorgestellt, dass ich mich – wenn ich das jetzt nicht mache – mein Leben lang fragen werde „Was wäre gewesen, wenn…?“. Dann ging alles ganz schnell: Vier Wochen später haben wir alle unsere Jobs gekündigt und es ging los.‘

M i MAs Kladden: Mit festem, klarem Händedruck. Oder: Vom Glück eines anspruchsvollen Leben.  Anna Deyerling, Markthalle Neun
Manchmal trifft man Anna auch in der Markthalle Neun
Als Geschäftsführerin verantwortet Anna bei Sitzfeldt die Bereiche Marketing und Service. ‚Das lässt sich sehr gut von Berlin aus machen.‘ Sie muss selten verreisen, was ihr aufgrund ihrer Lebenssituation sehr zupass kommt. ‚Das übernehmen meine beiden Partner.‘ Ihr Alltag ist so durchorganisiert wie eine Flughafenlogistik. Und anders würde ihr der Spagat wohl auch die Beine ausreißen. Morgens zwischen halb neun und neun Uhr bringt sie ihren Sohn in die Kita und fährt ins Büro am Engeldamm 60 in Kreuzberg. Dort arbeitet sie in der Regel bis 15 Uhr (manchmal länger). Anschließend holt sie ihren Sohn ab; die Nachmittage verbringen sie häufig und gerne zusammen mit Freunden in und rund um ihrem Kiez, dem Kreuzberger Graefekiez. Wenn der Kleine im Bett ist, beginnt die zweite Schicht für sie. ‚Abends arbeite ich dann alle Sachen ab, die ich tagsüber nicht geschafft habe.‘ Um diesen Alltag zu managen, braucht es eine ordentliche Portion Organisationstalent, doch als studierte Managerin und langjährige Unternehmensberaterin besitzt sie davon mehr als genug. Noch wichtiger aber sei – so Anna – die Unterstützung, die sie erfährt. ‚Ich habe das große Glück, dass meine Eltern vor zwei Jahren nach Berlin gezogen sind und mir seitdem sehr viel helfen. Und dann ist natürlich auch der Papa, der sich – wenn er es mit seinem Beruf vereinbaren kann – um unseren Sohn kümmert. So muss ich ihn nicht jeden Tag selbst von der Kita abholen und kann länger arbeiten. Das vereinfacht vieles.‘
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M i MAs Kladden: Mit festem, klarem Händedruck. Oder: Vom Glück eines anspruchsvollen Leben.  Anna Deyerling, Wohnung, Kreuzberg, Graefekiez
Annas Wohnung im Kreuzberger Graefekiez

Anna ist sich bewusst, dass sie – ohne ihre eigene Leistung schmälern zu wollen – privilegiert ist. Nicht nur weil sie die Großeltern vor Ort und verständnisvolle Geschäftspartner hat, sondern auch und vor allem weil sie das Unternehmerdasein quasi mit der Muttermilch aufgesogen hat. ‚Ich bin mit den Freiheiten, Privilegien, Pflichten und Sorgen eines Unternehmers groß geworden.‘ Davon profitiert sie in vielerlei Hinsicht. Sie weiß, was es bedeutet ein Unternehmen zu lenken, sie ist vertraut mit den Routinen, den Aufs und Abs des Geschäftslebens und bewegt sich mit schlafwandlerischer Sicherheit in der Welt der Unternehmer/innen. All das hilft, ein so anspruchsvolles Leben zu meistern wie das ihre. Für viele – und ich schließe mich da durchaus ein – wäre dieses Leben zu anspruchsvoll. Anna macht es glücklich. Das einzige, wovon sie manchmal gerne etwas mehr hätte, ist Zeit für sie ganz allein.
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M i MAs Kladden: Mit festem, klarem Händedruck. Oder: Vom Glück eines anspruchsvollen Leben.  Stechlinsee, Dolgowsee, Anna Deyerling
Am Stechlin-/ Dolgowsee verbringt Anna gern die Wochenenden mit ihrer Familie

4 Comments

  • 10 Jahren ago

    Vielen Dank für den Einblick.
    Solche starken Frauen stärken einem schon beim lesen.
    Ich wünsche Anna weiter viel Kraft und vor allem Freude bei dem was sie macht.
    Ein sehr schön positiver Text.

    Liebste Grüße

  • 10 Jahren ago

    So mutig entschlossen! So inspirierend!

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