M i MA zügelt: Zu Gast bei stocubo. Oder ein Ausflug in den ‚wilden Wedding‘

15. April 2014

Mitten in den tiefsten Wedding führt mich mein Besuch bei stocubo, einem meiner Partnerunternehmen, das mich bei meinem Wohnabenteuer mit Rat und Ressourcen unterstützt. Ein Berliner Bezirk, der noch als ‚ursprünglich‘ gilt, soll heißen: (noch) nicht gentrifiziert*. Hier sind die Mieten noch moderat, die Häuser unsaniert und die Straßen schmutzig und laut – der Wedding, das letzte Berliner Schmuddelkind (im Innenstadtring). So wird es sicher nicht bleiben; die ersten Anzeichen eines ’sozioökonomischen Strukturwandels‘ sind unverkennbar. Doch zurück zu stocubo.
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Foto: Oimel via Wikimedia Commons | Pläne via ExRotaprint

Das 8-köpfige Unternehmen hat seinen Sitz an einem der spannendsten Orte in Berlin: dem Produktionsgelände des ehemaligen Druckmaschinenherstellers Rotaprint und heutigen ExRotaprint. Nachdem der Pionier des Kleinoffsetsdrucks 1989 in Konkurs ging, wurde das Gelände – dank glücklicher Fügungen und einiger kluger Köpfe – vor Spekulationen bewahrt und in eine gemeinnützige, von den Mieter/innen getragene GmbH überführt. Heute beherbergt das rund 10.000 qm große Gelände verschiedene Gewerbebetriebe, soziale Einrichtungen und Kreative. Das Eigentumsmodell ist einer der Gründe für die Bekanntheit von ExRotaprint, ein zweiter die Architektur. Ich finde sie atemberaubend schön! Ein weiterer Beleg dafür, dass die Architektur der 1950er Jahre auch hierzulande mutig und modern sein konnte. Der damals noch junge Architekt Klaus Kirsten entwarf für Rotaprint eine Erweiterung des Gründerzeitensembles, die an Modernität kaum zu überbieten ist.
stocubo passt an diesen Ort, an dem Tradition und Vision eine beglückende Liaison eingehen – nicht allein der kubischen Formen wegen. Wie ExRotaprint setzt auch stocubo auf langfristig stabiles Wachstum statt auf ‚Quick Wins‘ und beachtet ökologische und soziale Aspekte. Die quadratbasierten Regale produziert das Unternehmen in der eigenen Werkstatt; das Grundmaterial MDF lässt es umwelt- und sozialverträglich in Europa anfertigen. Und dank Direktvertrieb ohne Zwischenhändler kann es zu vergleichsweise günstigen Preisen anbieten.
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Das Firmengebäude von stocubo liegt linker Hand am Ende des Geländes. Es ist eine schöne Werkstatt. Frisch renoviert, funktional und schlicht eingerichtet mit feinen Details. Da schlägt die künstlerische Ader des Firmengründers Stefan Oberhofers durch. Es riecht nach frisch gesägtem Holz. Der Lärm hält sich – Hightech sei Dank – in Grenzen. Wir sitzen im Büro zwischen Schreibtischen und Kartons – die neue Lieferung Visitenkarten und Broschüren ist gerade eingetroffen. Stefan erzählt. Vor drei Jahren hätte er das Unternehmen beinahe verschenkt. Er hatte genug von ‚Tischlern und Verkaufen‘, wollte sich wieder seiner Kunst statt den Kuben widmen. Es kam nicht dazu. Heute ist er froh darüber, wenngleich die Zeit fürs künstlerische Tun mehr als knapp ist. Damit hat er sich – zumindest vorerst – arrangiert. Sein ‚Baby‘ wächst und gedeiht. 
Die erfolgreiche Entwicklung des kleinen Unternehmens steht einem gewissen Widerspruch zu seiner Entstehung. Denn die Idee für das Kubenregal war weniger geschäfts- als vielmehr zufallsgetrieben und sollte gar nicht in Serie gehen.

Stefan Oberhofer war gerade erst von München nach Berlin übersiedelt und hatte in der damals noch ziemlich wilden Hauptstadt sein neues Atelier eingerichtet. Was fehlte war ein passendes Regal. Schlicht und schön und möglichst universal einsetzbar sollte es sein. Doch das war nicht zu finden. Was lag da näher als der stapelbare Kubus als Grundelement? Also zimmerte sich der gelernte Tischler den Prototypen kurzerhand selbst. Das war 2001 – und dabei blieb es zunächst auch. Erst 10 Jahre später – also 2011 – gründete der gebürtige Ravensburger die stocubo GmbH.

Mittlerweile ist die Nachfrage nach dem modularen Regalsystem so groß, dass das kleine Unternehmen eigentlich schon wieder umziehen müsste. Doch stocubo hat die Räumlichkeiten erst vor rund zwei Jahren bezogen und möchte nicht weg von diesem schönen Ort. So wird es wohl noch eine ganze Weile auf dem ExRotaPrint im ‚wilden Wedding‘ bleiben. Ich kann euch einen Besuch wirklich ans Herz legen. Nach einer kleinen Werkstattführung und einem netten Plausch mit Stefan kann man das fantastische Gelände bestaunen und sich zum Abschluss in der Kantine mit ‚gutem Essen zu fairen Preisen‘ stärken.

2 Comments

  • 10 Jahren ago

    Würfelregal liebe ich sehr und so schlicht und schön noch mehr. Danke für die Firmenvorstellung.

    LG, Katja

  • 10 Jahren ago

    das würde mir – wenn es dann mal endlich soweit ist – in unserembüro gefallen
    wer weiss, vielleicht greifen wir auf stefan zurück
    danke fürs vorstellen

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