Ein Blick hinter No Robots Magazine

1. September 2014

Wir gleichen ihnen zwar immer mehr – ‚wir reden nicht mehr, wir kommunizieren digital‘ –, aber wir sind noch keine: Roboter. Das findet zumindest Larissa, und taufte ihr neues Blog als Reminiszenz an die so visionäre wie musikgeschichtlich prägende Band Kraftwerk No Robots Magazin. Dort schreibt sie für ‚alle, die hören, sehen, sprechen, denken, fühlen, schmecken und machen können‘ über Filme, Musik, Bücher, über Leid und Freud des Alltags, aktuelle Projekte, lange Träume und alberne Fantasien. Ihr Stil und ihre Perspektive auf die Dinge gefallen mir: frech, heiter, klug. Und ich wollte mehr erfahren über die gebürtige Nordrhein-Westfälin, die seit 2010 in München lebt, Literaturwissenschaften studiert hat, als Redakteurin arbeitet und schöne Bilder, Skandinavien, anregende Gespräche und Herausforderungen liebt. Also habe ich nachgefragt.

In unserer Montagsrunde erzählt sie, welche Art Herausforderungen sie liebt, was das Literaturstudium mit ihrer Bücherliebe gemacht hat, welche Filme sie besonders schätzt und wem ihr musikalisches Herz gehört. Damit wünsche ich euch einen kurzweiligen Start in die neue Woche und sage Danke, Larissa, für das inspirierende Gespräch.
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Du bist 29, lebst mit deinem Freund in München und arbeitest als Redakteurin. Soweit so gut. Aber ich will´s natürlich genauer wissen. Wo bist du Redakteurin und für welche Themen? Und wo und wie lebst du in München?
Ich komme ursprünglich aus dem Siegerland in Süd-Westfalen und bin über einen Umweg über Dresden vor vier Jahre in München gelandet. Bis vor zwei Monaten wohnte ich noch mit meinem Freund im wundervollen Westend in einer nicht ganz so wundervollen Wohnung. Jetzt haben wir eine Wohnung zum Wohlfühlen im auch sehr netten Sendling-Westpark. 
Ich bin seit 3,5 Jahren Redakteurin in einem Kinder- und Jugendbuchverlag. Obwohl ‚Redakteurin‘ eigentlich nicht das richtige Wort ist, denn ich bin mehr so ein ‚Mädchen für alles‘: Ich mache Print- und Online-Redaktion, Content Management, Übersetzung (Norwegisch, Schwedisch, Englisch), Lektorat und auch ein bisschen Laien-Grafik. Und dabei befasse ich mich mit der spannenden Welt von 10-13-jährigen Mädchen: von der ersten Periode bis Justin Bieber – ich weiß Bescheid!
Du liebst Skandinavien. Welche Orten sind dir die liebsten?
Ich glaube, ich habe noch keinen Ort in Skandinavien gesehen, der mir nicht gefallen hätte. Das Besuchsziel #1 ist natürlich Stockholm, was ich auch allen wärmstens empfehlen kann. Noch lieber mag ich aber eigentlich Göteborg, das ist nämlich genauso schön und spannend, aber weniger touristisch. Ich habe im Studium vier Monate in Skövde/Schweden gewohnt. Die Stadt selbst ist wenig aufregend, aber sie liegt genau zwischen den beiden großen Seen, dem Vänern und dem Vättern. Es ist also auf jeden Fall ein guter Ort, um entspannten Urlaub zu machen. Noch lieber als Schweden mag ich aber eigentlich Norwegen, obwohl ich mich da noch nicht so gut auskenne. Ich kenne Stavanger ein bisschen, was eine sehr hübsche Hafenstadt ist. Ganz besonders toll ist, dass man an jeder Ecke Street Art findet – man sollte dort also die Augen offen halten. Und in der Nähe gibt es den berühmten Lysefjord mit dem imposanten Preikestolen. Wunderschön! Das Allerbeste an Skandinavien ist aber, dass man über eine leere Autobahn fahren kann und um einen herum ist einfach … nichts! Man findet dort eine Unberührtheit, die man in Deutschland einfach nicht mehr kennt. Das ist atemberaubend.
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Foto: Alexander Mitew via Wikimedia Commons

Du liebst Filme. Welches sind deine persönlichen Top 10?
Schwierig, da das ja immer wechselt. Aber da ich seit letztem Jahr meinen Film-Konsum sehr gründlich bei Moviepilot dokumentiere, lege ich mich mal auf diese Liste fest: 
1. Hot Fuzz 
2. Across the Universe 
3. Lars und die Frauen 
4. Alles ist erleuchtet 
5. Memento 
6. Inception 
7. Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt 
8. Die fabelhafte Welt der Amélie 
9. (500) Days of Summer 
10. Sherlock – Skandal in Belgravia (können wir das auch als Film gelten lassen?) 
… aber eigentlich könnte es auch ganz anders aussehen.
Du liebst Herausforderungen. Welche Herausforderungen musstet und musst du in diesen Jahr meistern?
Am liebsten sind mir Herausforderungen, die mich intellektuell und kreativ fordern. Als ich mich Mai dazu entschlossen habe, meinen alten Blog aufzugeben und das No Robots Magazine aufzubauen, war das auf jeden Fall ein spannender Moment. Sehr viel angenehmer jedenfalls als die letzte große private Herausforderung: Wohnungssuche in München – der absolute Albtraum. Und für die Zukunft? Ich werde im Frühling 30, so langsam ist es Zeit, sich mal Gedanken zu machen, was ich genau in meinem Leben erreichen will und was ich dafür tun muss. Und mit der Angst zu leben, dass man vielleicht schon den falschen Weg eingeschlagen hat und nicht mehr zurück kann …
Neben Filmen scheinst du auch eine Kennerin erlesener (deutschsprachiger) Musik zu sein. Du zitierst Tocotronic und Kraftwerk. Welche Musik begleitet dich schon lange und immer gerne und/oder neu?
Deutschsprachige Musik bedeutet mir eigentlich gar nicht so viel, sie eignet sich nur besonders gut zum Zitieren. 😉 Am liebsten mag ich verschrobenen Indie-/Folk-/Stoner-Rock wie Portugal. The Man, Frank Turner oder im Moment besonders die Queens of the Stone Age. Im Grunde gehört mein Musikherz aber nur einer Band: Kaizers Orchestra aus Norwegen, die mich jetzt schon fast zehn Jahre begleiten. Sie machen eine sehr eigenwillige Mischung aus osteuropäischer Musik, Rock’n’Roll und neuerdings ein wenig Disney mit alter Pumporgel und Ölfässern als Schlaginstrument. Gerade machen sie allerdings eine Bandpause ‚auf unbestimmte Zeit‘. Aber ich hoffe jeden Tag, dass ihnen das bald langweilig wird. 🙂
Du hast Literaturwissenschaft studiert. Welche Bücher haben tiefe Spuren hinterlassen? Welche Schriftsteller/innen ziehen dich immer wieder in ihren Bann?
Ich habe Literaturwissenschaft studiert, aber mit dem Studium ging leider die Leidenschaft für Bücher. Stattdessen habe ich mich mehr auf Kulturgeschichte konzentriert. Heute lese ich eher selten. Wenn, dann müssen es Bücher sein, bei denen ich etwas lernen kann, die mir zum Beispiel Einblicke in das Innenleben von Menschen geben, die mir sonst im Alltag nicht so oft begegnen. Besonders gerne mag ich die Bücher von Matt Ruff, mein Lieblingsbuch ist ‚Ich und die anderen‘ über dissoziative Identitätsstörung. Ich liebe aber auch ‚Alles ist erleuchtet‘ von Jonathan Safran Foer (und wie der Zufall es so will, ist die Verfilmung auch in meiner Top 10!), ‚Middlesex‚ von Jeffrey Eugenides, ‚Supergute Tage oder die sonderbare Welt des Christopher Boone‚ von Mark Haddon oder ‚Kafka am Strand‚ von Haruki Murakami.
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Wohin muss ich in München gehen, wenn ich dort doch mal für ein paar Tage bin?
Natürlich ins wunderschöne Westend, westlich von der Theresienwiese (Haltestelle Schwanthalerhöhe). Dort kann man erst nett einen Kaffee trinken, zum Beispiel im ‚Marais Geschmacksachen‚ (Parkstraße), das aussieht wie ein alter Krämerladen und wo man jede Menge hübsche Dinge kaufen kann, oder im ‚Neuen Kubitschek‚ (Gollierstraße), wo es den besten Kuchen der Stadt gibt, oder im ‚Lohner und Grobitsch‚ (Sandtnerstraße), das einfach nur unglaublich sympathisch ist. Anschließend kann man im Westpark spazieren gehen. An warmen Tagen liegen die Schildkröten im See auf den Steinen und sonnen sich. Und schließlich kann man noch im Biergarten am Bavariapark einkehren. Bei schlechtem Wetter empfehle ich einen Ausflug in die Pinakotheken (Kunstmuseen von Klassik bis Moderne) – da kommt man sonntags für je einen Euro rein. Und in der Gegend rund um die Universität gibt es auch jede Menge schöne Cafés. Mein Favorit ist das ‚Barer 61‚ in der Barerstraße.
Und was wolltest du immer schon mal sagen übers Bloggen, die Welt 2.0 (oder 3.0) und das Leben im Allgemeinen?
Danke an die Erfindung von Blogs! Endlich kann ich alle meine Gedanken loswerden, ohne dass ich meinen Freund permanent vollquatschen muss! Danke an die Erfindung von Facebook! Endlich kann ich alle News auf einen Blick im Auge behalten und telefonieren muss ich auch nicht mehr! Und an die Welt im Allgemeinen: Vergesst Kant und seinen Kategorischen Imperativ nicht: Verhaltet euch so, wie ihr es auch von anderen erwartet. Es schadet nie, wenn man sich ein bisschen Mühe gibt.

5 Comments

  • Ich habe das interessante schöne Interview sehr gerne gelesen!
    Ich mag zwar gerne viele bunte Bilder und Ideen sehen, aber ich lese auch gern kluge, witzige Texte und dafür ist dein Blog meine Abwechslung 😉
    Liebe Grüße Christin

  • Ich danke dir! 🙂

  • 10 Jahren ago

    Ein kluges Interview zum Wochenstart, schön! Ich mag Larissas Blog sehr gerne und lese regelmäßig mit.
    LG, Mecki

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