Ein Blick hinter: BlinkBlink

15. April 2012

Anna ist in Polen geboren und in Deutschland aufgewachsen. Sie ist Grafikerin und Kreativwirtschafterin, gehört zur (Berliner) DIY- und Handmade-Szene, betreibt seit 4 Jahren das Blog BlinkBlink und hat kürzlich ihr „Studio“ im Wedding  eröffnet. Ich weiß nicht mehr genau, wie und wo ich BlinkBlink entdeckte, aber Annas Arbeiten und Ansichten haben mich sofort begeistert. Nach unserem virtuellen Austausch steht mein Entschluss fest: Sobald wie möglich besuche ich sie in der Gerichtsstraße 25.

Kannst du dich in 7 Sätzen charakterisieren?

Ich bin ambivalent in vieler Hinsicht.

Du bist in Polen geboren, in Deutschland aufgewachsen und viel rumgekommen. Was hast du in Oppeln, Bielefeld, Vörden, Hamburg und Zürich jeweils gemacht? Und wie kam es zu den vielen Ortswechseln? 

Die ersten 2 Umzüge (Polen-Deutschland, Bielefeld-Vörden) hatte ich nicht mitzuentscheiden. Nach Hamburg zog ich der damaligen Beziehung wegen, nach Berlin der Freiheit wegen, nach Zürich der Bildung wegen. Es hat sich so ergeben, dass ich seit meinem 18. Lebensjahr 10 mal umgezogen bin: 4 mal innerhalb Hamburgs, 3 mal innerhalb Berlins, 3 mal innerhalb Zürichs (+2 WG-interne Zimmerwechsel :). Seit 7 Monaten wohne ich zum ersten Mal alleine. Ich würde sofort wieder umziehen, wenn es nicht so kompliziert, teuer und anstrengend wäre. D.h. ich mag Veränderungen und fordere sie wohl heraus. (Und das sage ich aus Überzeugung und nicht weil es mir gesellschaftlich auferlegt wird.)

Was hat dich nach Berlin verschlagen?

(Ich bin wieder zurückgezogen.) Die hiesige Kreativszene mit ihren vielen Ressourcen. Verschleppte Probleme, die sich von Zürich aus nicht regeln ließen. Und last but not least: meine liebsten Geschwister (3 an der Zahl) + Anhänge.

Du bist Designerin. Wo hast du Design studiert und mit welchen Schwerpunkten? 

Hamburg: 3 Jahre Kommunikationsdesign, Berlin: 1,5 Jahre B.A. Motion- & Interaction-Design, Zürich: M.A. Design Exzellenzfeld Trends (Zukunftsforschung / Soziologie im Designkontext).

Was macht Design für dich aus?

Alles und Nichts. (Schon immer besessen davon.)

Wie würdest du dich als Designerin charakterisieren? 

Intuitiv kreativ. Selbständig, projekt- und lösungsorientiert.

Für wen und was arbeitest du als Designerin – und/oder würdest du am liebsten arbeiten?

In der Vergangenheit hauptsächlich für (Werbe-)Agenturen, Internet-Start-Ups, Unternehmen aller Art und in der Marktforschung. Momentan beginne ich mit der Kunden-Neu-Akquise, da ich mich zur Trendforschung hin orientieren möchte: z.B. würde ich gerne an einem Designwissenschaftlichen Institut bzw. in der qualitativen (Markt-)Forschung arbeiten. Als Designerin schaffe ich am liebsten für mich selbst oder in fruchtbaren und freien Kollaborationen / Projekten mit anderen DesignerInnen. In jedem Fall aber frei bzw. selbständig.

Du hast in der Gerichtsstraße in Wedding dein Studio aus einem alten, ziemlich „abgerockten“ Laden hergerichtet. Wie hast du den Laden gefunden und bist du auf die Idee gekommen, dort ein Studio einzurichten?

Auf dem Weg zur Panke in einer Nacht im November 2011 sah ich das ‚Zu Vermieten‘ Schild (derzeit wachsam auf der Suche nach Raum zum Arbeiten), besichtigte ein paar Tage später den Laden, mochte die Lage und Raumaufteilung, bewarb mich mit meinem Konzept, bekam die Zusage, unterzeichnete und hatte das Ding an der Backe. Der Rest (die letzten 3-4 Monate) war pure Anstrengung. Das Ergebnis macht mich allerdings sehr glücklich.

Was hast du für Pläne und Ideen mit deinem Studio?

Raum zum kreativen Arbeiten und experimentieren. Co-Working, Co-Creating, Co-Crafting -> Cool. Workshops, kulturelle Veranstaltungen, Pop-Up-Shops, Ausstellungen, etc. Und dabei hoffentlich immer wieder interessante Leute kennenlernen und zusammenbringen. Test. Test. Test.

Was sind deine nächsten Projekte? 

Einrichten. Planen, Kalkulieren und Managen. Endlich mit der Produktion meiner eigenen Produkte beginnen. Mein Bruder wird miteinsteigen, worüber ich mich sehr (!) freue, denn: Er ist gelernter Buchbinder und kann auch sonst alle möglichen Sachen besonders gut 🙂 (Wir leben DIY von kleinauf.)

Du bist Teil der DIY- und Handmade-Bewegung. Welche Bedeutung hat diese Bewegung für dich?

Eine sehr wichtige. Intensiv beschäftige ich mich seit 4 Jahren damit (begann während der Bachelorarbeit). Gelebt habe ich es schon immer, s.o. Ich bin wirklich sehr froh über diese Szene und über die vielen Kontakte, welche ich dadurch aufbauen konnte. Auch wenn ich überwiegend alleine arbeite, fühle ich mich als Teil von etwas Größerem.

Professor Priddat (Uni Witten-Herdecke) stellte auf der Tagung der Hamburger Kreativgesellschaft „Zukunft der Arbeit“ die These auf, dass die Kreativwirtschaft Avantgarde und kein Business-Modell, d.h. nicht überlebensfähig sei. Was meinst du dazu?

Kreativwirtschaft ist nicht = ‚Kunst‘ oder gar ‚Hobby‘. Diese Tatsache ist (Wirtschafts)-Ökonomen leider nie ganz bewusst. (Das nervt.) Die Kreativwirtschaft ist sehrwohl ein knallhartes Business. (Kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.) Dass die Kreativwirtschaft möglicherweise mehr leiden muss als andere Branchen liegt aber nicht unbedingt an der Branche selbst, sondern am schlechten Lohn, den die ‚Real-‚Wirtschaft bereit ist zu zahlen, für eine Leistung, die ihre Produkte (mit)entwickelt, verpackt, kommuniziert und letztendlich verkauft. Ohne gutes Marketing würde doch heutzutage kaum noch ein Unternehmen bestehen können. Außerdem: Kreativschaffende sind oft sehr eigensinnig und idealistisch (mich eingeschlossen). Das haben wir also davon. 😉

Aber ich glaube an gute Ideen. Die haben schon immer Profit erzielt. Und Ideen werden von Kreativen erdacht. (Ein ‚Kreativer‘ muss auch nicht an einer Kunsthochschule gewesen sein, um gute Ideen zu haben.) Optimismus! (Zum Glück war ich gut in Mathe.)

Du bloggst seit 4 Jahren. Warum? Und wie kam es dazu? Und was motiviert dich dazu?

Ich habe eher so aus Mittellosigkeit angefangen zu bloggen (Ankunft in Berlin). Sinnloses Rumsurfen war so ziemlich das beste Mittel zur Verdrängung des Geldmangels. Gepaart mit meiner Überzeugung für den totalen DIY blieb ich zu Hause und konnte somit draussen kein Geld ausgeben. (Haha. Bis ich das Online-Shopping für mich entdeckte.)

BLINKBLINK begann für mich als virtueller Spielplatz, nett, lieblich und eher bedeutungslos. Der Blog entwickelte sich jedoch zu einer festen Instanz in meinem Alltag – zum bisher längsten Projekt meines Leben – das einzig Beständige. Heute ist BLINKBLINK mein Profil als kreativschaffender Alltagsmensch. Mit dem Blog kann ich mich in den weiten Sphären der Netzwelt bewegen, mich ausweisen und vernetzen. Hauptsächlich aus Begeisterung für die Sache. Aber nicht unbedingt mehr nur zum Spass.

Welche Blogs liest du am liebsten?

An Blogs interessiert mich die Alltagskultur von anderen Menschen. Daher lese ich am liebsten persönliche Lifestyleblogs. Wobei von ‚Lesen‘ oft nicht die Rede sein kann. Eher anschauen. Wirklich lesen tue ich nur einige wenige, anonyme reine Textblogs. Welche, die sich Frust und Freuden von der Seele schreiben. (Die belasse ich mal anonym, damit ich weiterhin anonym lesen kann. 😉

Was ist dein größter Wunsch?

Dass ich mir die Freude an meinem Beruf bewahren kann und damit finanziell unabhängig werde. Dann genug Zeit für Freunde & Familie und mehr Reisen. & viele weitere Wünsche mehr 😉

Was würdest du gerne tun und weißt, dass du es wohl nie tun wirst?

Wenn es etwas gäbe und ich wüsste, dass ich es nie tun könnte, diese Tatsache würde mich traurig machen. Also fange ich besser gar nicht erst an darüber nachzudenken.

Was sind deine Lieblingsorte in Berlin?

Der Wedding war mir schon immer lieb. Ein Ort der wahren (deutschen) Exoten. Und überall da, wo Stadt auf Wasser trifft.

Welchen Ort (in Berlin oder anderswo) sollte ich deiner Meinung unbedingt mal besuchen?

Schwierig. Grundsätzlich ist doch die ganze Erde ein interessanter Ort – Internet eigeschlossen. 🙂 Ansonsten mag ich einfach die Orte, an denen ich mich derzeit viel bewege, also in Moabit und im Wedding.

10 Comments

  • 12 Jahren ago

    erinner mich immer noch, wie ich mit der lieben anna meine bachelor arbeit in einem raum ausstellen durfte. es war mir eine ehre! 🙂 liebe grüße und viel erfolg!!

  • 12 Jahren ago

    blinkblink ist super und wird ab sofort gelesen! danke für die einblicke.

  • 12 Jahren ago

    Superschöne Einblicke – diese Katergorie gehört zu meiner liebsten Deines Blogs und Anna macht das toll! Anna, falls Du das liest: VIEL ERFOLG WEITERHIN!

    Liebe Grüße an Euch

  • 12 Jahren ago

    Ach toll, ich mag Deine Reihe sehr, sehr gerne. Annas Blog ist toll und da mir gerade Leporellos im Kopf rumgehen, passt das genau. Dankeschön, liebe Grüße, Viola

  • 12 Jahren ago

    viel erfolg mit deinem studio -ich schau bestimmt mal vorbei- und deinen vorhaben im bereich trendforschung finde ich spannend (meine wenigen kontaktpunkte waren faszinierend).

  • 12 Jahren ago

    ich danke euch sehr <3

  • 12 Jahren ago

    Ich mag diesen Einblick ganz besonders!

  • 12 Jahren ago

    dein blick ist immer so spannend und schön – und anna macht alles so gut. ich wünsche ihr das beste 🙂 dank an euch beide.

  • 12 Jahren ago

    sehr interessantes interview mit stimmungsvollen bildern! mit solch einem beitrag lässt sichs beschwingt in den sonntag gehen…
    dankeschöngrüße von birgit

  • 12 Jahren ago

    Ein super informatives Interview!Ich wünsche Anna ganz viel Erfolg mit Ihrem neuen Studio. LG

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