Work in Progress: Ein Kongressbericht

21. Februar 2012

Ich hatte versprochen zu berichten vom Hamburger Kongress zur Zukunft der Arbeit  – Work in Progress. Dieses Versprechen möchte ich nun einlösen.

Im Foyer. Rechts: Anna

Work in Progress war seit langem mal wieder eine Fachveranstaltung, von der ich uneingeschränkt sagen kann: Es hat sich gelohnt! Inspirierende Beiträge, brilliante Redner/innen, spannende und richtig gut moderierte Diskussionen. Schade, dass ich nur einen Tag dabei sein konnte. Mein Bericht ist daher nur ein kleiner Ausschnitt. Vielleicht wird er noch ergänzt, von anderen, die von Donnerstag- bis Samstagabend dabei waren.

Wie sieht die Zukunft der Arbeit aus? Und: Ist die Kreativwirtschaft ein Modell für eine zukunftsfähige Wirtschaft? Diese zwei Fragen standen für mich im Zentrum Kongresses. Die Antworten waren vielfältig und bleiben – wie der Titel Work in Progress sagt – vorläufig. Welche Erkenntnisse habe ich gewonnen? Ich will versuchen, sie in drei Thesen einzufangen.

(1) Die Zukunft der Arbeit gibt es nicht; es gibt viele Zukünfte. So die – wie ich finde überzeugende – These von Birger Priddat. Diese Zukünfte zeichnen sich durch Gegensatzpaare aus: Wissen/Nichtwissen, selbständig/angestellt, arm/reich, Arbeit/Nichtarbeit, sinnvoll/einkommenszentriert, organisierte/freie Tätigkeit. All dies wird nebeneinander und ineinander verschränkt existieren und die Arbeitswelt neu sortieren. Wir müssen unter diesen veränderten Bedingungen vor allem zweierlei können: Vertrauen und Kooperieren.

(2) Die Kreativwirtschaft weist Wege in die Zukünfte der Arbeitswelt, von denen andere Organisationen bzw. Unternehmen lernen können. Sei es die Arbeitsorganisation, die Arbeitsformen, die Arbeitsmethoden oder -instrumente – in der Kreativwirtschaft werden zukunftsweisende Ansätze gelebt. Große Unternehmen wie TUI, Otto und DHL haben das längst erkannt und arbeiten erfolgreich mit “freien Kreativen” zusammen. In Co-Working-Spaces kreiieren sie gemeinsam mit Designern und Künstlern neue Produkte und Dienstleistungen und öffnen sich gestaltend fremden Arbeits- und Denkweisen. So entstehen nicht nur zukunftsfähige Innovationen, es wird auch ein Umdenken, ein Mentalitätswandel angestoßen.

(3) Die Kreativwirtschaft ist Avantgarde und kein Business-Modell. Das ist ihre große Chance oder ihr Untergang. Die wenigsten „freien Kreativen“ haben allein durch ihre kreative Tätigkeit ein einvernehmliches Auskommen. Errungenschaften der Angestelltenwelt wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, bezahlter Urlaub oder Tarifverträge sind ihnen vorbehalten. Wie lange werden sie das durchhalten? fragte Birger Priddat angesichs dessen zu Recht. Eine Antwort könnte eine eigene Interessenvertretung sein, um die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen an die Zukünfte der Arbeitswelt anzupassen, wie etwa Alexandra Manske anregt.

Mein Fazit: Die Kreativwirtschaft kann in jedem Fall zu einer besseren Wirtschafts- und Arbeitswelt beitragen – entweder als Impuls oder als Modell. Wenn sie dauerhaft als Modell bestehen will, müssen sich die „freien Kreativen“ jedoch zusammentun und für kreativgerechte Rahmenbedingungen einsetzen: „Bildet Banden“, wie der Titel eines Workshops lautete.

5 Comments

  • 12 Jahren ago

    Danke für den Bericht, es ist immer wieder informativ und interessant zulesen, welche Probleme und Möglichkeiten es gibt, wenn man nicht festangestellt ist und eher kreativ tätig ist. Leider war das Wetter in meiner Heimatstadt nicht so gut!

  • 12 Jahren ago

    Hört sich spannend an! Bin selbst Teil dieser "Kreativwirtschaft" und schlage mich mit den genannten Themen im Alltag herum. Auch wenn wir alle unsere Freiheit im Arbeiten so sehr lieben, ist es doch manchmal fruchtbar, interessant und wohltuend sich mit Gleichgesinnten austauschen zu können. Danke für den Bericht!
    Schöne Grüße

  • 12 Jahren ago

    Nice to find your blog and see what you are doing. You are really a creative person;)and I like your photos!

  • 12 Jahren ago

    Bande bilden – gefällt mir! Liebe Grüße!

  • 12 Jahren ago

    Solche Interessensvertretungen sind wahrscheinlich nötig (gemeinsam sind wir stark), aber gewaltig problembeladen in den eigenen Reihen. Man befrage mal die Kassenärzte nach der Kassenärztlichen Vereinigung. Ganz heikles Thema.

    Solche Veranstaltungen – zumal wenn sie gut gemacht sind und die Vorträge wirklich neu waren und nicht nur Wiedergekäutes – geben immer ganz viel Inspiration, Mut und Tatkraft. Ich mag das auch, ab und zu mal ausfliegen und neuen Input holen.

    Grüße! N.

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