Verwirrung im Oktober | von Hazel Rosenstrauch

11. Oktober 2017

Indre sprach mir aus dem Herzen, als sie sagte, sie kann diese Phrase »ist gut aufgestellt« nicht mehr hören. Manchmal bin ich »schlecht aufgelegt«, was das heißt, weiß ich. Wie aber ist das, wenn  ich/du/er/sie »schlecht aufgestellt« bin/bist/sind? Die Band, der Verein oder gar die Partei ist gut aufgestellt? Wenn so ein Satz aus dem Äther kommt, sehe ich vor mir Figuren wie beim Schachspiel oder bei »Mensch ärgere dich nicht«. Stehen die Figuren genau auf dem Kreis oder Viereck? Oder stehen sie auf dem Kopf?

Nach dem Massaker in Las Vegas sagte jemand: schuld seien nicht die Waffen, sondern die Menschen. Der Sprecher wandte sich damit gegen das Verbot oder die Einschränkung des Waffenverkaufs. Hier in der Mitte Europas sitzend bin ich »natürlich« gegen den freien Verkauf, das Horten von und Angeben mit Waffen aller Art und Größe. Wie aber ist das mit all den schlechten und den falschen Informationen, die mich mithilfe meines Computers erreichen? Selbstverständlich (?) bin ich nicht für die Abschaffung der Rechner oder des Radios, auch wenn ich ständig mit Katastrophenmeldungen bombardiert werde. Fernsehen kann mir gestohlen bleiben, aber abschaffen? Nein.


Die Nachrichten töten ja nicht – oder doch?


Es gibt kluge und überzeugende Argumente, dass die Terroristen es genau auf die Verbreitung der schrecklichen Bilder anlegen, ihre Taten filmen, um Schrecken – und auch Nachahmer – zu produzieren. Soll man deshalb die Berichterstattung sein lassen? Eine spannende, wichtige Diskussion, die allerdings systembedingt kaum Folgen haben wird. Reden wir nicht von Blasen und Echokammern, auch die öffentlichen, über Beiträge finanzierten Medien sind von der Quotenhatz getrieben. In der Konkurrenz um Aufmerksamkeit – noch lauter, noch greller, noch aufregender – dreht sich die Spirale immer weiter nach unten in Richtung Simplifizierung.

Auch die begrüßenswerte Umstellung von Autos auf elektrischen Antrieb verunsichert mich. Wie ist das mit dem Strom? Kommt der aus der Steckdose? Oder von Windrädern, die bei Orkan abgestellt werden müssen? Was passiert, wenn all die Rechner kürzer oder länger nicht mit Strom gefüttert werden, es muss ja kein Orkan sein?

Nach dem Sturmtief Xavier malte ich mir aus, was alles nicht funktionieren könnte. Die Banken schließen, die Supermärkte bekommen keinen Nachschub, Operationen fallen aus, Flüge gehen sowieso nicht, Heizungen und Herde auch nicht. Hauptsache der Akku im Mobiltelefon funktioniert, damit kann man sich ablenken. Apropos: Vor kurzem habe ich mich über eine Werbung des rbb, dem öffentlich-rechtlich-steuerfinanzierten Rundfunk aufgeregt, der die Parole plakatierte: »bloß nicht langweilen« – in meiner Übersetzung heißt das: »lasst euch von uns berieseln, damit ihr nicht in Gefahr geratet, eine eigene Idee zu haben«. Die Plakate sind weg. Vielleicht hat mir jemand zugehört? Oder fanden auch andere diesen schicken Werbeagentur-Einfall blöd?

Froh, dass es noch Dinge gibt, die mich beruhigen, kann ich mich den nächsten Verunsicherungen zuwenden.

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