Vor einiger Zeit erhielt ich eine Mail von Linda, die Kunst und Germanistik in Oldenburg studiert. Sie schrieb: ‚Als ich heute morgen deinen Post zur Schachtelkunst las, dachte ich, ich möchte dir von einem Kunstprojekt berichten, das ich vor zwei Jahren durchgeführt habe. Aus rund 1.500 Streichholzschachteln wurde ein Archiv der Erinnerungen und ein Anlass geschaffen, über die Schnelllebigkeit nicht überdauernder Dinge nachzudenken.‘ Lindas Projekt gefiel mir und darum möchte ich es euch heute vorstellen.
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Some time ago I received an email from Linda. She studies Art and German literature in Oldenburg and she wrote: ‚When I read your post tomorrow about Mano´s Art Boxes, I thought I’d like to tell you about an art project that I have done two years ago. An archive of memories made of 1,500 matchboxes and an opportunity to think about fleeting things. ‚ I like Linda’s project and so I want to introduce you today.
Some time ago I received an email from Linda. She studies Art and German literature in Oldenburg and she wrote: ‚When I read your post tomorrow about Mano´s Art Boxes, I thought I’d like to tell you about an art project that I have done two years ago. An archive of memories made of 1,500 matchboxes and an opportunity to think about fleeting things. ‚ I like Linda’s project and so I want to introduce you today.
Ins eine Ohr flüsterten die Großeltern und beschwörten die ‚guten alten Zeiten‘. Am anderen Ohr rauschte die Zeit vorbei und mahnte zur Eile. Dazwischen stand Linda und fragte sich, wo die ‚unbeschwerte Zeit‘ geblieben sei, von der ihre Eltern immer erzählt hatten. ‚Ich war gerade frisch nach Oldenburg gekommen, um meinen Master zu machen. Hinter mir lag mein Bachelor – ein Dauerlauf von einem Creditpoint zur nächsten Prüfung. Ich wollte ich dem Zeitdruck entgegenwirken und erinnerte mich an die Erzählungen meiner Eltern von einer freien, unbeschwerten Zeit.‘ So kam es, dass Linda sich auf die Suche nach der ‚verlorenen guten alten Zeit‘ begab und das Archiv der Erinnerungen einrichtete.
Im Juni 2011 verteilte sie – fantastisch verkleidet und ohne ein Wort zu verlieren – 1.500 Streichholzschachteln auf dem Oldenburger Unigelände und lud ihre Kommilitonen ein, ihre schönsten Erinnerungen, wichtigsten Gedanken, Wünsche oder Glücksmomente auf diesem kleinen Raum zu archivieren. Ein Zettel im Inneren der Schachtel enthielt Hinweise zum Vorgehen: Geheimnisse verstecken – Geheimnisse entdecken! Wirf dein geheim befülltes Schächtelchen vom 17.6. bis 30.6.11 in den Briefkasten an der Säule vor den Mensatreppen.
Nach einem Monat fand sie 35 Schachteln in dem Briefkasten. ‚Es war wie die Entdeckung eines Schatzes. Kleine Geheimnisse offenbarten sich: Geschichten-Kochrezepte-Erinnerungen-Geständnisse-Wünsche-Träume-Gedankenspiele… Zunächst war ich traurig, dass von fast 2.000 Schachteln so wenige zurückkamen, aber je mehr ich darüber reflektierte, desto einsichtiger wurde ich. Vielleicht ist es auch nicht mein Recht, sie wieder zu bekommen. Vielleicht überdauern sie irgendwo. Der Gedanke, dass irgendwann in irgendeiner Wohnung eine Schachtel auftaucht und sich jemand daran erinnert, dass vor langer Zeit während des Studiums plötzlich diese Gestalt auftauchte und Schachteln verteilte, gefiel mir und machte mich glücklich.‘
Linda hat alle 36 Schachteln fotografiert und ein Album daraus gestaltet. Das projektbegleitende Blog war als offener Raum gedacht, in dem sich die Beteiligten über die Erinnerungen und Inhalte der Schachteln austauschen. Doch dazu kam es nicht. Nun dient er als Projektdokumentation und birgt – als ‚virtuelle Schachtel‘ – ein Stück ‚gute alte Zeit‘.
Das partizipatorische Kunstprojekt von Linda Bülow entstand im Rahmen eines Seminars ‚Flächen vorübergehender Veränderung‘ unter der Leitung der Berliner Künstlerin Seraphina Lenz.
eine wirklich tolle aktion, aber so unglaublich schade, dass nur so wenige schachteln zurückgekommen sind!
liebe grüße, mano
Sehr interessantes Konzept – so viel Inhalt auf so kleinem Raum…
Ein wunderbares Projekt. Sowas sollte man viel häufiger machen. Blogs sind doch eine wunderbare Plattform für so etwas…
ich bin entzückt.
das ist ja ein sooo tolles projekt!
berührt mein herz. schön.
so charmant, das projekt – zugleich erinnert es mich an das grazer projekt "berg der erinnerungen" aus dem jahr 2003, in dessen rahmen im sinne des nachzeichnens einer geschichte der stadt aus individueller perspektive persönliche erinnerungsstücke von grazer(inne)n gesammelt und ausgestellt wurden. heterogene einzelstücke, die auf formaler ebene verbunden werden, hier wie dort, eine feine sache.
ein heRzenspRojekt. wie wundeRbaR.
nuR allzugeRn wüRd ich alle schachtel mit meinen augen duRchstöbeRn. und bin kuRz davoR mir selbst eine schachtelsammlung anzulegen. abeR vielleicht Reicht für den eRsten moment auch die augenabtastung.
meRci. füR diese voRstellung. das pRojekt eRfReut mich gRad sehR.