Einsame Weiten. Die Mecklenburgische Schweiz

9. September 2015
Einsamkeit, dieses Unvermögen, eine Verbindung zur Welt oder sich selbst aufzubauen …
Friederike Zoe Grasshoff

Menschenleere Weiten. Verwilderte Kulturlandschaften. Entvölkerte Gegenden. Verfallene Schlösser. Leere Kleinstädte und schier endlose Ackerwüsten. Das Bundesland mit den längsten Küstenstreifen, den größten Inseln der Republik und über 2.000 Seen ist das einsamste Land, das ich kenne. Man sagt, Einsamkeit schärfe die Sinne, fördere die Widerständigkeit und wecke die Sehnsucht. Vielleicht ist das (neben dem Wasser) ein Grund, weshalb es mich immer wieder dorthin zieht.

Dieses Mal zog es mich in die Mecklenburgische Schweiz, die zwar weder topografisch, noch unter Wohlstands- oder Staatsperspektive viel mit der namengebenden Willensnation gemein hat. Aber schön ist sie allemal, diese von Stauchmoränen und Niederungen geprägte Region, die sich selbst auch „Land der Schlösser und Herrenhäuser“ nennt. Tatsächlich steht hier in fast jedem Ort, und sei er noch so klein, ein herrschaftliches Anwesen – oft im Verfall begriffen, ebenso oft davor gerettet. Dazwischen diese schier endlosen Weiten, die jetzt, am Übergang zum Herbst, ein wenig melancholisch wirkten. So als wollten sie diesen übermütigen, hitzköpfigen Sommer 2015 noch nicht ganz gehen lassen.


Ja, diese Hügellandschaft ist guter Ort für Leute wie mich, die es immer mal wieder mal für ein paar Tage aufs Land zieht. Nicht zuletzt um den Weitblick zu trainieren, der im städtischen Dickicht gerne zu kurz kommt.

Von Berlin aus liegt die Mecklenburgische Schweiz gut fünfundeinhalb „Hexe Lilli“ (wahlweise auch Momo oder Sandmännchen) entfernt* – ganz gleich ob man mit dem Auto oder Zug anreist. Allerdings empfiehlt sich die umweltneutrale Reisevariante nicht wirklich, da es quasi keinen öffentlichen Nahverkehr gibt. Zu unserer Ferienunterkunft im Gutshaus Pohnstorf wären wir mit Bus und Bahn schlicht nicht gekommen und auch die Versorgung wäre ohne Mietwagen recht kompliziert geworden. Zur nächsten Einkaufsmöglichkeit in Teterow oder Malchin braucht man mit dem Rad gut eine Stunde.

*5,5 x 25 Minuten, also knapp 2 Stunden und 20 Minuten.
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Das Gutshaus Pohnstorf beherbergt acht Ferienwohnungen
Zur Wohnung Celeste gehört eine riesige Dachteresse.
Andere Wohnungen haben zwar eine kleinere Terrasse, aber direkten Zugang zum Garten.
Der wunderschöne riesige Garten mit uralten Bäumen in der Abendsonne.

Wir hatten schöne letzte Sommertage. Weit und leicht und gerade gut gefüllt mit:

  • Frühstück und Abendbrot auf der riesigen Dachterasse im Nord-Ost-Giebel des Gutshauses – die Sonne beim Auf- wie beim Untergang im Blick. 
  • Fahrradtouren entlang von Schlössern und Seen (große Räder kann man über das Gutshaus mieten, Kinderräder bisher nicht).
  • Spaziergängen rund ums Dorf.
  • Pflaumen- und Brombeerensammeln und Marmelade einkochen (Rezept siehe unten). 
  • einem Spaziergang vom verstörend schönen Heiligendamm bis Kühlungsborn – zurück ging´s mit der Molli.
  • einem Besuch im Ozeaneum in Stralsund und großem Staunen über die fremden Unterwasserwelten (Schlechtwettertag I).
  • Schwimmen in der Spaworld Fleesenland (Schlechtwettertag II).
  • morgendlichem Laufen von Pohnstorf über Karnitz, Groß Markau und zurück (die schönste Laufstrecke ist rund 9 km lang).
Mirabellen und Brombeeren in Hülle und Fülle

Süße Früchte mit feinen Kräutern. Oder experimentelle Konfitüre.

Süße Früchte mit feinen Kräutern. Oder Pohnstorfer Konfitüre made by Ma

Die Straßen rund um Pohnstorf waren von Kirschpflaumenbäumen gesäumt. Rot und gelb und schwer hingen ihre Äste herab, und nur die Wespen schienen sich für das üppige Süß zu interessieren. Was lag also näher als sie zu sammeln und Marmelade einzukochen? In Ermangelung von Zimt, Vanille und anderen klassischen Zutaten griffen Ma und ich beherzt in die Kräuterkiste. So entstand rote Kirschpflaumenkonfitüre mit Oregano, gelbe Kirschpflaumenkonfitüre mit Rosmarin und Brombeermarmelade mit Salz und Pfeffer. Das Experiment ist aufgegangen. Die Marmeladen schmecken wirklich fein. Zum Nachkochen hier das Rezept:
  • 1 kg Früchte entkernt
  • 500g Gelierzucker 2:1
  • eine Prise Salz und Pfeffer
  • ein Schuss Weißwein
  • frischer Rosmarin bzw. Oregano 

Die Früchte mit einem Schuss Weißwein, einer Prise Salz und Pfeffer einkochen. Anschließend Gelierzucker hinzugeben und aufkochen lassen. Nach bestandener Gelierprobe in die Gläser füllen, je ein Ästchen Rosmarin oder Oregano ins Glas geben, Glas verschließen und auf den Kopf stellen. 

12 Comments

  • 7 Jahren ago

    Komme immer wieder gerne zurück zu dieser Auszeit!

  • 9 Jahren ago

    Liebe Indre,
    die Abgeschiedenheit der Mecklenburgischen Schweiz ist wirklich herrlich und toll von dir in Szene gesetzt. Ich bin mal mit dem Auto dort gefahren und habe das Navi auf Nebenstraßen gestellt. Da gibt es Straßen, die noch aus einem Jahrhundert zu kommen scheinen und Schilder, die vor "Otterwechsel" warnen. Wirklich immer eine Reise wert.
    Danke für deine Eindrücke.
    Herzlichen Gruß,

    Vera

  • 9 Jahren ago

    Ich liebe die Zeit auf dem Land – es gibt immer etwas Interessantes zu tun 🙂

  • 9 Jahren ago

    Verrückt, im Gutshaus sind wir im Oktober.

    • 9 Jahren ago

      Wie schön! Da wird es sicher noch viiiel mehr Obst geben. 🙂

  • 9 Jahren ago

    So genau passend für die Jahreszeit! Meinst du es ginge auch mit kleinem Kind das ein ruhiges Abendschlafplätzchen benötigt .. Oder sind es alles ein Raum Loft Wohnungen? Hab es freundlich!

    • 9 Jahren ago

      Liebe Susanne,

      dass geht in jedem Fall. Die meisten Wohnungen haben mehrere Zimmer. Unsere hatte 3 inkl. eines kleinen, feinen Kinderzimmers.

      LG I

  • Katja
    9 Jahren ago

    Das sieht ja toll aus in der Mecklenburgischen Schweiz! Ich bekomme sofort Reiselust… Vielen Dank für Deinen Beitrag.

  • 9 Jahren ago

    Hallo Indre,
    das sind wunderschöne Fotos, welche zum Träumen einladen.
    Die Einsamkeit schärft in der Tat die Sinne.
    Leider wird man heute überall berieselt, sodass es den Menschen mitunter schwer fällt, sich mal der Einsamkeit hinzugeben.
    Eure Auszeit hört sich sehr entspannend an.
    Danke für´s Teilhaben lassen!
    Liebe Grüße von Heike

    • 9 Jahren ago

      Danke für die schöne Rückmeldung.

      Ja, Einsamkeit in Zeiten der digital forcierten Dauerberieselung ist sicher noch schwieriger anzunehmen als ohnehin…

      LG I

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