Von der Ästhetik des Backens. So würde meine Antwort lauten, würde man mich fragen, wovon Milas Deli handelt. Seit Februar 2011 lässt sich Susanne Irmer beim Mischen, Mengen, Kneten und Formen virtuell über die Schulter blicken und man möchte es ihr sofort gleich tun, so verlockend und schön sieht es aus. Immer ein wenig entrückt; nicht ganz von dieser Welt. Kein Wunder, denn Bäckereien sind für Susanne nicht bloß Brotläden: „Bäckereien sind bis heute für mich magische Orte und manchmal denke ich: ‘Wow, dass man hier umsonst reindarf’.‘
Von ihrem Verhältnis zum Brot, ihrer Liebe zum Backen, über heimliche Träume und Sehnsüchte, Leichtigkeit und Schwere erzählt sie im heutigen Montagsinterview. Hab‘ vielen liebe Dank, Susanne, für das schöne Gespräch, mit dem ich allen einen zauberhaften Start in die neue Woche wünsche!
Wer steckt hinter Milas Deli?
Susanne, Frühaufsteher, Kaffeetrinker, Mama und immer in Bewegung. Schlechter Pausierer. Außen fast immer ruhig, innerlich oft sehr aufgewühlt und voller Gedanken, Ideen. Was ich mit viel Außenordnung strukturiere. Ich mag zufällige kleine Gespräche und zarte Momente, die noch lange inspirierend nachwirken.
Wie bist du aufs Backen gekommen und was bedeutet „Brotbacken“ für dich?
Bereits als Schülerin als ‘Neben-der-Schule-Job’ im Verkauf einer kleinen Bäckerei fand ich fast jedes Brötchen so einzigartig und besonders, dass es mir fast schwer viel die besten Stücke aus der Hand zu geben. Bäckereien sind bis heute für mich magische Orte und manchmal denke ich: ‘Wow, dass man hier umsonst reindarf’.‘
Viel später erst habe ich mit dem Selbstbacken begonnen, vielleicht ein wenig aus Angst vor Misserfolgen. Die Leichtigkeit kam hinzu als mir ein besonderer Mensch diesen Satz schrieb:
„Susanne, vielleicht ist es nicht falsch oder schlecht, nur einfach nicht so wie du es erwartest hast.“
Brotbacken ist Angekommen-sein für mich. Ruhe, Wärme, ganz bei einer sinnvollen Sache sein, Genuss, Teilen, Freude schenken.
Was ist dein Brotjob und womit würdest du dir am liebsten die Brötchen verdienen?
Ich arbeite zur Zeit auf einer halben Stelle in einem Büro. Kaufmännisch, Vertrieb, absolut nicht kulinarisch. Zusätzlich seit etwa einem Jahr als Freelance-Fotografin und ab Herbst 2016 mit einem guten Tag in der Woche in der Hafven Gastronomie {dem größten Co-Working und Maker Space Deutschlands | Anm. Indre}. Eine neue Herausforderung, auf die ich mich riesig freue.
Mein leiser Traum: ‘Die Ausflugsbäckerei’. Sehr hell, mit natürlichen Materialien eingerichtet und großem Tisch davor. Weizensauerteigbrot(-Stullen), schwedisches Kardamom-Gebäck, feines Kompott und herzhafter Aufstrich, Honig, Wanderapfel und Käse vom Nachbarn. Leinenschürzen für Team und ‘to-takeaway’. Hintendran oder an der Seite gleich beim Garten: ein Raum für Menschen, die von und miteinander lernen und genießen möchten…
Wie und wo lebst du in Hannover?
In der List, ein sehr familienfreundlicher Stadtteil. Altbau ganz oben, nette Hausbewohner mit Gemeinschaftsgarten.
Was sind deine liebsten Orte dort? Welche Orte meidest du warum?
Meine liebsten Lister-Orte sind die Eilenriede, unser Stadtwald, der nahe gelegene Kanal mit SommerFreibad und Boote-Gucken. Und wenn die Spielplätze in der Jahresmitte uns zu rummelig werden: bei Freunden im Schrebergarten.
Für gutes Essen und Kaffeetrinken setzen wir uns aufs Rad und radeln nach Linden: V17 für hübsche Heißgetränke, Lindener Markt am Samstag zum Mal-andere-Menschen-sehen als im eigenen ‘braven Kiez’, BAR für die Holland-Sehnsucht. Ménagerie, das Mädchencafé mit großartigem Gebäck. Frioli Eis, freundlichste und beste Pizza Francesca & Fratelli oder in die Nordstadt 24 Grad Kaffeerösterei.
Meiden? Die Innenstadt. Zu viel von Nicht-schön und sehr unruhig.
Wo möchtest du jetzt am liebsten sein? Und warum?
Ich hüpfe zur Zeit gedanklich von hier nach dort. Auf der Suche nach Veränderung und einem Gefühl von Angekommensein wäre ich gerade am Liebsten unterwegs. Eine Reise von Skandinavien über Belgien, Italien, Frankreich, Spanien… Tasmanien und weiter, oder verweilen und innehalten. Immer übers Land, ab und zu ein Stopp in einer größeren Stadt.
Menschen aus dem virtuellen Leben zum Kaffee oder Backen treffen. In die Backstuben ambitionierten Bäcker schnuppern. Von Menschen und Zufällen leiten lassen.
„Von Menschen und Zufällen leiten lassen.“
Hast du ein leichtes Sommerrezept für meine Leser/innen und mich?
Aus meiner süßen Phase unbedingt dieses Galette-Rezept. Der Teig ist schnell zubereitet und läßt sich unendlich variieren: von der ersten süßen Beere im Sommer bis zur Zwetschge im Herbst. Vegan eventuell mit Seidentofu mal probieren.
Nektarinen-Kardamon-Galette (1 große oder 3 mittlere)
Teig
180 g Mehl
110 g Frischkäse
110 g Butter
1/4 TL Salz
1 TL Apfelessig
Mehl und Salz mischen. Butter und Frischkäse auf das Mehl würfeln und mit den Händen untermengen. Apfelessig hinzugeben und solange kneten, bis der Teig zusammenhält. In Frischhaltefolie über Nacht oder mindestens eine Stunde in den Kühlschrank legen.
Füllung
4-5 reife aromatische Nektarinen
1 kleine Zitrone (Saft)
1/2 TL gem. Kardamon
2 gestr. EL Speisestärke
2-3 EL Zucker
1 EL Sahne
Kardamon, Speisestärke und Zucker mit Zitronensaft glatt rühren. Nektarinen in feine Spalten schneiden und im Kardamon-Zitronenbad wälzen.
Den gekühlten Teig mit etwas Mehl ausrollen. Die Nektarinen in der Teigmitte platzieren. Den Teigrand umklappen, mit Sahne bepinseln und Zucker berieseln. Für eine halbe Stunde in den Kühlschrank stellen und anschließend bei 190 °C ca. 20-25 Minuten goldbraun backen. Noch lauwarm mit Joghurteis – perfekt!