Ein Blick hinter „Dein Tod und ich“

9. Mai 2016

Es geht nicht darum, gute Ideen zu entwickeln. Es geht darum, die richtige zu finden.

Judith Peller
Judith Peller (c) Karolina Parot

Sie hat eine Trauer- und Interviewplattform über das Weiterleben nach dem Tod ins Leben gerufen, sich vor wenigen Monaten als als PR-Beraterin und Inspirationscoach selbstständig gemacht und wird in wenigen Wochen ihr Unterhosen-Label launchen.

Wer?

Judith Peller. Die 34-jährige Powerfrau mit dem ansteckenden Lachen, den 1.000 Ideen und dem richtigen Riecher. Im heutigen Montagsinterview spricht sie über richtige Idee und gute Entscheidungen, über die Schönheit des Kontrollverlusts und die Lust am Leben.

Ich danke dir, liebe Judith, für das wunderbare Gespräch mit dem ich euch allen einen ebensolchen Start in die neue Woche wünsche.

dein tod und ich, judith peller

Wer ist Judith Peller?

Diese Frage habe ich so tatsächlich noch nie beantwortet: Zumindest nicht in dieser objektiven Form!

Wer ist Judith Peller? Judith Peller ist eine 34-jährige Wahl-Berlinerin, die sich gerade mit INSPRIRATION als PR-Beraterin und Inspirationscoach selbständig gemacht hat.

Schon als kleines Mädchen konnte ich mich nie für eine einzige Sache entscheiden, deshalb ist INSPRIRATION auch nur eines von vielen Themen in meinem Leben.

Judith Peller ist immer auf der Suche, würde ich sagen: nach der nächsten Idee, dem nächsten spannenden Projekt, dem nächsten inspirierenden Auftrag. 

Was macht Judith Peller?

Seit mehr als zwei Jahren arbeite ich z. B. an der perfekten Unterhose für Frauen. Im Sommer erscheint die erste Unterhosen-Edition meines Wäsche-Labels „viel mehr als grau. Ich habe eine Trauer- und Interviewplattform ins Leben gerufen, die nicht den Tod, sondern das Weiterleben in den Mittelpunkt stellt. „Dein Tod und ich heißt sie. Ich wünsche mir von Herzen, dass wir endlich wieder normal über den Tod sprechen.

Gerade lese ich das wunderbare Buch „Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast von Barbara Sher. Der Titel trifft es irgendwie ganz gut: Ich interessiere mich einfach für sehr viele verschiedene Dinge.  

Du arbeitest als freie Beraterin für strategische PR und Inspirationscoach. Was macht (d)eine PR-Beratung strategisch und was ist ein/e Inspirationscoach?

Viele glauben, dass es bei PR darum geht, gute Ideen zu entwickeln. Ich glaube, dass eine gute Idee wertlos ist, wenn es nicht die richtige ist.

Strategische PR-Beratung hilft, herauszufinden, was die richtige Idee ist, um ein bestimmtes kommunikatives Problem zu lösen. Das bedeutet ganz konkret, dass man sich vor der kreativen Arbeit erst einmal ein strategisch fundiertes Fundament aufbaut: Wie sieht die aktuelle Situation des betreffenden Unternehmens aus? Welche Aufgabe gilt es zu lösen? Was soll mit PR erreicht werden? Wer soll angesprochen werden?

Gute Ideen gibt es wie Sand am Meer. Die richtigen sind schwerer zu finden, ein bisschen wie beim Muscheln suchen. Mein Job ist es, beim Finden zu helfen. Das gilt auch für meine Inspirationscoachings.

Mit der richtigen Strategie kann man nämlich auch leichter essentielle, persönliche Fragen beantworten: Wie finde ich den Job, der mir wirklich Spaß macht? Wie sieht mein perfektes Lebens- und Arbeitsmodell aus? Was kann ich tun, um beruflich zufriedener zu werden?

Als Inspirationscoach unterstütze ich Menschen, die sich beruflich verändern wollen, aber keine Ahnung haben, wo oder wie sie überhaupt anfangen sollen. Ein solches Inspirationsgespräch kann den Start erleichtern. Es dauert 3-4 Stunden. Am Ende erhält jeder eine umfassende Liste zum Weiterdenken.

Darüber hinaus biete ich auch Webinare an. Das erste ist gerade fertig geworden: In 1,5 Stunden erfährt man meine persönlichen Tipps uns Tricks zum Thema „Von Ängsten und Ausreden. Wie man einfach anfängt, sein Leben zu ändern„.

dein tod und ich, judith peller

Der Tod gehört zum Leben. Das hast du oft betont. Seit deiner Kindheit hat sich der frühe Tod deiner Freundin Doris begleitet – aber auch krank gemacht. Hast du eine Idee, wie der Tod in guter/gesunder Weise zum Leben gehören kann?

Der Tod gehört zu unserem Leben. Das kann man gut oder schlecht finden. Es ändert aber nichts an der einfachen Tatsache: Wir werden geboren und wir sterben. Alles völlig normal.

Was uns krank macht, ist unser Leugnen. Unser „Nicht-wahrhaben-wollen“. Unser ständiges „So-tun-als-ob-es-uns-nichts-angeht“. Unsere Angst, den Schmerz zu spüren. Die Kontrolle über unsere Gefühle abzugeben. 

Wie sieht ein guter Umgang mit dem Tod aus?

Nach allem, was ich selbst mit meiner Trauer erlebt habe, ist der Tod für mich heute ein Geschenk: ein Geschenk des Lebens. Das mag jetzt vielleicht komisch und ein bisschen absurd klingen, aber …

… seit ich begriffen habe, dass ich sterben werde, lebe ich.

Ich vertage nichts mehr auf morgen. Ich warte nicht mehr auf den perfekten Moment. Ich spüre mich und meinen Körper, hier und jetzt. Ich schätze mein Leben und bin dankbar für alles, was ich habe.

Man kann sein Leben nicht nachholen oder aufschieben. Man kann es nur jetzt leben. Mit allem, was dazu gehört: mit den Ängsten, dem Schmerz und den vielen Dingen, die man nicht kontrollieren kann. Aber ganz ehrlich: Kontrolle abzugeben ist etwas Wunderbares. Sich fallen zu lassen. Das Leben auch mal auf sich zukommen lassen, statt ihm immer ehrgeizig hinterherzurennen.

Ich lebe und ich werde sterben, so einfach ist das. Sich diese einfache Wahrheit öfter mal bewusst zu machen, würde vieles verändern. Es könnte dazu beitragen, dass wir in einer guten und gesunden Weise mit dem Tod umgehen.

In verschiedenen Kulturen und Religionen gibt es sehr unterschiedliche Formen mit dem Tod umzugehen. Gibt es eine, die dir besonders zusagt?

Eine Freundin hat mir neulich von ihrem Urlaub in Mexiko erzählt und wie die Mexikaner mit dem Tod umgehen: Sie feiern ihn einmal im Jahr mit einer riesengroßen Party. Ein Fest des Lebens, bei dem sich alle wiedersehen: die Lebenden und die Toten. Es gibt laute Musik, gutes Essen und Tanz. Der Tod ist dort nicht schwarz und weiß: Er leuchtet in allen Farben des Regenbogens. Das gefällt mir.

Trauer ist viel mehr als immer nur traurig zu sein. Es bedeutet, sich zu erinnern: an die schönen Momente, an all die Situationen und Erlebnisse, die man zusammen geteilt hat. Wenn man jemanden verliert, den man liebt, dann tut das weh. Keine Frage, das ist das Schlimmste. Aber was wäre ich für eine Freundin, wenn ich mich an Doris nur mit all dem Schmerz erinnern würde?

Sie war meine erste beste Freundin. Wir hatten so eine tolle Zeit miteinander. Wir haben Radio gespielt und Schneehöhlen gebaut. Daran will ich mich erinnern. Nicht nur an ihre Glatze nach der – gefühlt – 48. Chemo. Sie hat das Leben geliebt, obwohl sie sterben musste. Darum geht es.

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(c) Wiki Commens

Um den Tod einen Platz in unserem Leben zu geben, hast du die Plattform „Dein Tod und ich“ gegründet – ein Projekt, das schnell bekannt und zu deinem Herzensprojekt wurde. Bis jetzt. Was hat sich verändert?

„Dein Tod und ich“ war einer der Gründe, warum ich mich selbständig gemacht habe: Ich wollte mehr Zeit dafür haben, ein Buch mit ausgewählten Interviews veröffentlichen, die Plattform zu DER Trauerplattform im deutschsprachigen Raum ausbauen. Seit einigen Wochen hat sich etwas verändert.

Ich habe gemerkt, dass ich mich immer mehr davor drücke. Erst dachte ich, ich hätte vielleicht Angst, dass mich meine eigene Trauer wieder einholt. Vielleicht ist es auch die Angst, etwas falsch zu machen. Nicht die richtige Antwort auf die persönlichen Geschichten zu finden, die mir so viele Menschen ganz offen und ehrlich erzählen. Ich kann es nicht erklären, aber ich habe das Gefühl, dass ich fertig damit bin.

Der Tod und die Trauer haben mehr als 20 Jahre meines Lebens bestimmt. Ich dachte immer, dass ich es Doris schuldig bin, ihr Andenken zu bewahren. Alles dafür zu tun, dass sie nicht vergessen wird. Ihrem Tod einen Sinn zu geben. Irgendwie war sie all die Jahre auch immer noch hier.

Ich weiß nicht, warum und ich weiß auch nicht, wie ich das erklären soll, aber Doris ist gegangen. Sie ist weg und mit ihr der Wunsch, der Trauer ein Gesicht zu geben. Ich will mich mit dem Leben beschäftigen. Ich will das Beste vom Leben erwarten. Ich will mir alles wünschen, was ich mir vorstellen kann. Ich will jeden Tag genießen und glücklich sein. Ich weiß, dass ich sterben werde. Ich muss mich nicht mehr jeden Tag daran erinnern.

Dein neuestes Projekt heißt „viel mehr als grau“ oder auch „Unterhose“. Wie bist du dazu gekommen, einen perfekten „Frauenschlüpper“ zu erfinden? Und was macht ihn perfekt?

Ich war sehr unzufrieden mit meiner eigenen Unterhosensituation.

Irgendwie gab es nichts, was meinen Vorstellungen von einer perfekten Unterhose entsprochen hat. Deshalb habe ich kurzerhand meine eigene erfunden und zusammen mit einem Schneider in den letzten Monaten entwickelt.

Eine perfekte Unterhose ist bequem und sexy. Sie hat kein lästiges Etikett, das man erst herausschneiden muss. Sie ist aus qualitativ hochwertiger und robuster Baumwolle (mit ein bisschen Elasthan) und das wichtigste: Sie macht Spaß!

Es gibt kein Schwarz und kein Weiß bei meinem Wäsche-Label, viel mehr als grau: nur knallige Farben. Jeden Monat wechselt die Farbe. Die erste Edition ist himbeerfarben und heißt „Glück ist immer selbstgemacht.“

Die Unterhose kommt im Sommer auf den Markt, „Dein Tod und ich“ verändert sich… welche Jahresbilanz möchtest du am 31. Dezember 2016 gerne ziehen?

Trotz der Aufregung, der Unsicherheit und der vielen Fragezeichen, die sich gerade überall in meinem Leben auftun, ist es doch schon jetzt eins der tollsten Jahre überhaupt. Veränderung ist gut. Sie rüttelt an allem, was nicht mehr gebraucht wird. Sie schafft Platz für Neues.

Ich möchte ohne Druck und Stress eine Entscheidung für „Dein Tod und ich“ finden. Das Projekt vielleicht in neue, vertrauensvolle Hände geben. Die Unterhose soll nach zwei Jahren Entwicklungsarbeit endlich das Licht der Welt erblicken: Ich bin so neugierig, wie es damit weitergeht. Ob andere meine Begeisterung dafür teilen.

Groß ausgefeilte Pläne habe ich nicht in der Schublade. Ich möchte den Dingen auch einfach mal ihren Lauf lassen, mit dem „Flow“ gehen, auch wenn er zwischendrin eine Pause macht. Mir die Zeit nehmen, um immer wieder innezuhalten. Mich in die Selbständigkeit „eingrooven“. Weiterhin schöne PR-Jobs machen. Inspirierende Menschen treffen. Zeit mit meinen Liebsten verbringen. Und vor allem: einen tollen Sommer in der schönsten Stadt der Welt!


dein tod und ich, judith peller

2 Comments

  • 8 Jahren ago

    ein schönes interview!
    und deine fragen sind wie immer gut gewählt! 🙂

  • 8 Jahren ago

    sehr inspirierend! danke dafür! 🙂

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