E i N B L i CK H i N T ER FREiSEiNDESiGN

27. März 2013
Heute werfen wir einen Blick hinter ein Blog, das sowohl inhaltlich wie formal ein wenig aus dem Rahmen fällt: FREISEINDESIGN ist ein Modeblog und Friederike eine junge ‚Wilde‘, die sich im Haifischbecken der Modeblogger/innen einen festen Platz erkämpft hat. Kennengelernt habe ich sie beim BLOGST-Workshop in Berlin. Als sie das Etsy-Lab betrat, wusste ich: Die Frau ist spannend – ich möchte mehr erfahren über sie. Vielen Dank, Friederike, dass du diesem Wunsch nachgekommen bist! Und euch nun: eine spannende Lektüre.

Name: Friederike, Alter: 29, Beruf: Künstlerin. Wer steckt zwischen Name, Alter und Beruf?

Mein querdenkender Wuschelkopf, der es liebt, sich neuen Herausforderungen zu stellen, kreatives Grenzgebiet auszukundschaften und Farbtupfen ins Leben zu bringen.

Dein Blog FREISEINDESIGN dreht sich um Fashion. Wie ist dein Verhältnis zur Mode? Was bedeutet sie dir?
Mode war für ich schon immer präsent. Sie beschäftigt mich im wahrsten Sinne des Wortes schon so lange ich zurückdenken kann. Ob als Knirps in Muttis Brautkleid durch die gute Stube heizend oder beim Spielen mit meinen Puppen – es ging eigentlich nur darum, die Barbie mindestens 15 mal am Tag schick an- und auszuziehen. In meiner Teenagerzeit war alles vertreten: vom schwarzen Ledermantel bis zur quietschenden Raverhose.

Durch Etiketten, Marken, Schnitte, Labels und Namen ordnen wir uns zu, setzen uns mit uns selbst und unserer Umwelt auseinander und haben wir die Möglichkeit, uns immer wieder neu zu erfinden. Mode ist für mich ein Medium, ein Statement und kreativer, künstlerischer Aspekt der Zeitgeschichte. Ihre Bedeutsamkeit reicht über das bloße Tragen von Kleidung weit hinaus. Mode wird erschaffen und Mode erschafft. Ihr obliegen somit passive wie auch aktive Eigenschaften, die sie zu einem vergnüglichen und unumgänglichen Themenkomplex der heutigen Gesellschaftskultur werden lassen, der weit über bloße Trendfragen oder Gruppenzugehörigkeiten hinaus weist.
Kleiden müssen wir uns alle, 
der Mode folgen muss niemand. 
Charlotte Seelig
FREIEINDESIGN ist der Name deines Blogs. Und, so scheint es mir, das Ergebnis eines durchaus steinigen Weges zu dir selbst. Was ist FREISEINDESIGN für dich? Und welche Hindernisse und Hürden musstest du überwinden?
Oh, da hast du Recht! Mit all deinen Fragen! FREISEINDESIGN – das bedeutet für mich all seinen Mut zusammenzunehmen, guten Rat von Freunden einzuholen, dem Rückhalt in der eigenen Familie zu trauen und sich dann einen Schritt nach vorne zu wagen, um das eigene Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und zu gestalten.

Ich bin mit sehr traditionellen Werten und Vorstellungen in Norddeutschland aufgewachsen. Ein Küstenkind, das zwar die Weite des Meers jeden Tag sieht, aber doch ganz gerne an Land lebt. Vor zehn Jahren, als ich meine schulische Laufbahn mit meinem Abitur beendete, war das Internet etwas ganz Fernes, Computer kannte ich nur vom Spielen oder aus furchtbar quälenden Informatikstunden. Mode, Kunst – das alles waren Träume und Ideale, nichts Solides, nichts was ich wirklich konnte. Deshalb habe ich einen anderen Weg eingeschlagen, keinen Umweg, nicht den falschen Abzweig, das weiß ich jetzt, sondern einfach einen anderen Weg. Ich habe diese Jahre gebraucht, um selbst langsam, Stück für Stück zu erkunden, was die Welt mir zu bieten hat und was ich ihr schenken könnte. Ich erkannte meine Leidenschaft für die Fotografie, mein Gespür für Mode und bin letztendlich bei mir angekommen – am Anfang eines ganz neuen Lebensabschnittes.

Ich möchte euch auf gar keinen Fall mit all den Hindernissen langweilen, die sich mir in diesen Jahren in den Weg gestellt haben. Ich glaube auch, dass es je nach Alter sehr unterschiedliche Dinge geben kann, die einen bremsen. Mit Anfang zwanzig fand ich mich nicht schön, mit Mitte zwanzig wurde ich dann gezwungen zu lernen, was es heißt mit Rückschlägen und Verlusten umzugehen. Ich war irgendwann angestellt, hatte einen schönen Job, der mir auch Spaß gemacht hat, aber das größte Hindernis war ich selbst mit meinem ständigen Zweifeln und Überlegungen: Ist das hier das, was du jetzt hast, wirklich das, was du willst? Und wenn du ehrlich bist und diese Frage immer wieder mit ‚Nein‘ beantwortest – obwohl du eigentlich glücklich sein müsstest – dann musst du dir irgendwann selbst einen Ruck geben. Und das habe ich vor einem Jahr getan.

Du schreibst von Auszeichnungen, die kamen und dich doch nicht aufhielten. Was waren das für Auszeichnungen?
Oh, das war Einiges. Wodurch zeichnet man sich in unserer Zeit aus? Durch Leistung. Ich war sehr gut in der Schule, ich wusste wie man lernt, also habe ich anschließend auch das Studium ausgezeichnet abgeschlossen. Das Angebot einer Stiftung, eines Arbeitsplatzes, es geht immer weiter, wenn du nicht innehältst und dich fragst, was du da eigentlich treibst und warum. Für mich haben meine Antworten auf diese Fragen irgendwann keinen Sinn mehr ergeben. Das war sehr schmerzhaft, aber ich glaube, ohne den nötigen Leidensdruck findet manchmal keine Veränderung statt.
Du schreibst, du seist viel gereist. Wo hat es dir am allerbesten gefallen und warum?
In Europa habe ich meine Füße bestimmt schon in jedem Land gehabt und in den östlichen Ländern fand ich es immer am schönsten, aber ich glaube die eigentliche Reise, die aufregendste, die du machen kannst, ist deine eigenes Leben. Und ich muss sagen: Mir gefällt es ausgezeichnet, wo ich gerade bin.
Du lebst u.a. von deinem Blog. Ist Bloggen (für dich) ein lukrativer und erfüllender Beruf?
Ich habe mit dem Bloggen begonnen, weil ich das Gefühl hatte, etwas sagen zu müssen. Und dieses Bedürfnis ist bis heute geblieben. Ich liebe es zu schreiben, zu berichten, zu erörtern und zu diskutieren. Mal geschieht dies objektiv, mal höchst selbstironisch oder aber auch voller Selbstzweifel und schwerer Gedanken. Das alles gehört für mich zu meinem Blog dazu. Ich denke daraus ergibt sich, das es sich bei meiner Seite keinesfalls um einen Anzeigenmarkt handelt, sondern eher um eine Symbiose lebenswerter Begebenheiten und Dinge.

Manche Beitrage werden gesponsort und das bereitet mir Freude, und es macht mich megastolz, wenn ich beispielsweise für Canon eine Kamera testen darf. Als freiberufliche Fotografin stelle ich hohe Ansprüche an eine Kamera. Da fällt der Testbericht ganz anders aus, als wenn ein Laie das ‚Zauberkästchen‘ in die Hand bekommt.

Ihr merkt schon, ich schreibe wirklich gern und viel, deswegen kann ich wohl mit Fug und Recht behaupten, dass das Bloggen mich erfüllt und ich arbeite hart daran, dass es mir helfen wird, mir weitere Türen zu kleinen Träumen zu öffnen. Ob es lukrativ ist? Das könnte es sein, würde ich alle Angebote annehmen, aber ihr futtert ja beim All You Can Eat auch nicht das ganze Buffet, auf nur weil es sich dann wirklich gelohnt hätte, oder? Am Ende des Tages ist man vielleicht nicht mehr satt, aber es gab einen Moment, da hat man genossen und von diesem Gefühl kann man lange zehren.

Was liebst du besonders an deinem Beruf und was am am wenigsten?
Ich liebe meine Freiheit. Ich liebe die Chancen, die Überraschungen, die Wendungen und natürlich die kleinen Erfolge, die ich feiere. Ich liebe die Menschen, denen ich dadurch begegne, die Situationen in die ich mich hineinmanövriere und das Chaos, das geordnet werden möchte. Ich liebe die Kreativität, den Druck und den Ansporn, der sich hinter der Selbstständigkeit lauernd verbirgt. Ich liebe es, bekocht zu werden, wenn ich keine Zeit habe. Ich liebe es, dass ich abends im Bett lächle und dass ich manchmal nächtelang im Kopf schreibe oder Bilder kreiere und um drei Uhr nachts aufstehen und anfangen kann zu skizzieren. All das darf ich, weil ich mein eigener Boss bin, und glaubt mir, ich bin streng, denn ich weiß ja genau, wo meine Grenzen liegen und was ich alles auf dem Kasten habe.

Was ich so gar nicht mag: Tabellen! Listen ja, Tabellen und Buchhaltung, nein! 

Viele wollen mit ihrem Blog Geld verdienen. Was rätst du ihnen zuallererst?
Überlegt euch genau, warum ihr das wollt. Sobald Geld ins Spiel kommt, geht’s ums Geschäft. Dabei gibt es zwei, manchmal auch mehr Beteiligte, die sich etwas davon versprechen, Verträge eingehen, Fristen und Inhalte setzen. Das wiederum beinhaltet Verantwortung, Aufwand, viel Zeit und ein Verständnis dafür, dass es um individuelle, kreative und inspirierende Leistungserbringung geht. Das verändert alles. Es nennt sich Kreativwirtschaft, und darüber lohnt es sich nachzudenken.
Stell dir vor, heute wäre das Jahr 2023. Du bist 39 Jahre alt. Wie sieht dein Leben aus? Was machst du, wo lebst du und wie?
Wow, dabei switchen bei mir so viele Bilder durch den Kopf, dass ein absoluten Chaos entsteht. Gerade ist ein Landgut in der absoluten Einöde mit einer Loftwohnung über den Dächern New Yorks zusammengekracht. Kabuuum. Raus kommt vielleicht ein eigenes Fotografiestudio, ein Buch, eine kleine bunte Familie, ein Fahrrad, das wirklich fährt, eine einwandfreie Haut weil ich in eben diesem Moment beschlossen habe, mehr Hauptpfelgeprodukte zu testen um 2013 auch schnieke auszusehen… du siehst, ich habe keine Ahnung. Vielleicht habe ich dann auch längst einen festen Job als Redakteurin, arbeite an einer Uni oder male unverschämt teuere Bilder, die im Dunkeln leuchten… ich weiß es nicht. Was ich aber weiß: Es ist egal, wo es hingehen wird. Das letzte Jahr hat mir bewiesen, dass mich diese Zuversicht überall hin begleiten wird. Vielleicht sind in 10 Jahren Ganzkörperglitzeroveralls der letzte modische Schrei – diese Vorstellung  lässt mich zuversichtlich lächeln und hämisch grinsen …

3 Comments

  • 11 Jahren ago

    Spannend! Gleich mal vorbeischauen.

  • Ein tolles Interview. Inspirierend, Mut bringend, bestätigend. 🙂

  • 11 Jahren ago

    da bist du einem interessanten menschen begegnet. schön, dass du dem impuls gefolgt bist, ihn mal auszufragen. danke!

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