Das Gute & Schöne nie aus dem Blick verlieren – Im Gespräch mit Sonja Harnisch von feingedacht

8. Mai 2017

»Was ist deine größte Stärke?« Diese Frage stellt sie seit Februar regelmäßig und bringt zumindest mich damit ins Schwitzen. Ja, was eigentlich? Gar nicht so einfach zu beantworten – finde ich, doch ihre Antwort kam prompt: »Dass ich selbst in miesen Zeiten Schönes und Besonderes sehen und wahrnehmen, mich inspirieren lassen und Menschen zusammenbringen kann.«

Die Rede ist von Sonja Harnisch {feingedacht | Storytelling}. Die gelernte Redakteurin und selbstständige Kommunikationsexpertin stellt sich heute meinen Fragen und ihre Antworten drehen sich um Geschichten, Wünsche und Wunder. Drei Zutaten für einen gelungenen Start in die Woche. In diesem Sinne: Einen schönen Montag und 1.000 Dank, liebe Sonja.

Good Things Will Happen Soon von Indre Zetzsche

Du bist Journalistin, Autorin, Redakteurin und erzählst Geschichten fürs Web, für Print und Crossmedia. Was und wer bist du außerdem?

Ein begeisterungsfähiger Mensch. Jemand, der in allem Inspiration sieht und daraus jeden Tag Ideen und Geschichten entwickelt. Eine Hobbyfotografin, die zwei Stunden lang einen Grashalm in allen Nuancen zwischen Licht und Schatten fotografieren kann. Eine leidenschaftliche Hobbygärtnerin, die genau heute vor sieben Jahren in ihrem ersten eigenen Garten stand, damals Unkraut nicht von Kräutern unterscheiden konnte und heute ihr eigenes Gemüse zieht. Ein kreativer Kopf, der es liebt, die Nächte durchzudiskutieren, aber genauso die absolute Einsamkeit des frühen Morgens braucht: Sonnenaufgang, frische Luft und meine Gedanken.

Ieva Jansone, Zaubermathe, Kalabrien, Martin Wyrwich

Was macht eine gute Geschichte aus? Und was steckt eigentlich hinter dem Zauberwort “Storytelling”?

Eine gute Geschichte ist eine, die dich packt und inspiriert. Die etwas in dir anrührt, mit der du etwas verbindest, in der du dich und deine Gedanken, Ideen oder Bedürfnisse wiederfindest. Eine gute Geschichte ist eine, die dich im Kino hemmungslos schluchzen lässt oder dich nächtelang an ein Buch fesselt. Jeder Mensch liebt Geschichten, es ist etwas, das uns alle verbindet. Und Storytelling bedeutet nichts anderes als (d)eine Geschichte so zu erzählen, dass sie genau diese Empfindungen in anderen hervorruft.

Für Firmen heißt das oft ganz pragmatisch: Die Geschichte der Firma bzw. der Produkte so zu verpacken, so zu erzählen, dass der Kunde deine Sachen oder Dienstleistung kauft. Doch es ist viel mehr. Es bedeutet, mehr sein zu wollen als nur ein Produkt, für seine Kunden einen Mehrwert darstellen zu wollen, eine Veränderung zu bewirken. Es bedeutet, mutig und authentisch zu kommunizieren, die Menschen hinter den Produkten zu zeigen, deren Werte und Vorstellungen in den Vordergrund zu stellen. Denn schlussendlich kaufen wir nicht bei einer Firma – wir kaufen bei den Menschen dahinter. Wir kaufen, wofür sie stehen und worin wir uns wiederfinden. Und die meisten von uns haben ein feines Gespür dafür, wenn das »Storytelling« nicht der Realität entspricht.


»Als Unternehmen muss man Storytelling wollen und man sollte sich nur dann darauf einlassen, wenn man seine eigene Geschichte, seine Werte und Moralvorstellungen wirklich mit seinen Kunden teilen möchte.«


Für wen oder was würdest du gerne einmal eine Geschichte schreiben? Und warum?

Ein Drehbuch für einen Film oder eine Serie zu schreiben, steht ganz oben auf meiner Liste. Ich schreibe Geschichten, so lange ich denken kann und sie entwickeln ein solches Eigenleben, dass sie inzwischen wie ein Film in meinem Kopf ablaufen. Und sonst?

Ich schreibe am liebsten für alle, die lieben, was sie tun. Oft sind es aber die, die für sich selbst nicht die richtigen Worte finden. Denn das ist das Schwierigste überhaupt – sich selbst, seine eigene Geschichte, seine eigenen Stärke in Worte zu fassen. Ich kenne viele wunderbare Firmen und Solo-Unternehmer, die tolle Sachen anbieten und das Besondere, Einzigartige daran nicht so in Worte, in Geschichten fassen, dass der Funke überspringt. Das finde ich immer sehr schade und freue mich, wenn ich es durch meine Texte ändern kann.

Konsum, Masse, richtiger Konsum, Minimalismus, weniger ist mehr, ieva Jansone, Photographie

In deiner neuen Interviewreihe fragst du Frauen nach ihrer größten Stärke. Was ist deine größte Stärke?

Meine größte Stärke ist genau das, woraus die Idee zu der Reihe entstanden ist: Mich in schweren Zeiten daran zu erinnern, dass es Gutes gibt, Hoffnungsvolles, ein Licht am Ende des Tunnels. Daran zu denken, dass ich nicht die einzige bin, die sich durch Selbstzweifel, Ängste und Sorgen quält. Dass selbst der Glücklichste, Erfolgreichste, Coolste sein Päckchen zu tragen hat. Und dass es soviel leichter ist, wenn man darüber spricht. Dass ich selbst in miesen Zeiten Schönes und Besonderes sehen und wahrnehmen, mich inspirieren lassen kann, Menschen zusammenbringe und vielleicht so anderen auch wieder einen Hoffnungsschimmer gebe – das ist, glaube ich, meine große Stärke.

zur Interviewreihe #MeinegrößteStärke

Wenn du morgen früh aufwachen würdest und über Nacht hätte die berühmte Drei-Wünsche-Fee deine drei Wünsche erfüllt, was wäre anders?

Wenn wir von drei Wünschen sprechen, die nur mich betreffen dürfen: Ich hätte über Nacht noch mehr Klarheit und Fokus für mein Leben bekommen. Ich könnte das, was ich liebe – Schreiben, Menschen, Reisen und das Meer – noch stärker miteinander verbinden. Und ich würde durch das, was ich tue, andere inspirieren.

Und wenn meine drei Wünsche die Welt retten können: Dass wir alle mehr Miteinander und weniger Gegeneinander leben. Dass wir uns darauf besinnen, was wirklich wichtig ist. Und dass wir mit Klugheit, Empathie und Menschlichkeit die egoistischen Machtbesessenen dieser Welt in ihre Schranken weisen.

Ieva Jansone, Zaubermathe, Kalabrien, Martin Wyrwich

Du lebst in der mittelhessischen Stadt Alsfeld. Was hat dich dorthin verschlagen? Und was macht die Stadt l(i)ebenswert?

Der Zufall und ein Job haben mich dorthin gebracht und was ich dort schätze, ist die Beschaulichkeit und Ruhe. Doch im Herzen bin ich Kölnerin und weil ich den Dom, die Mayersche und den Rhein einfach zu sehr vermisse, wird es mich sicher wieder zurückziehen. Wat willste maache?

Noch einmal zurück zur Fee: Wenn du noch einen Wunsch übrig hättest, was würdest du dir wünschen?

Ich würde mir ein Haus am Meer wünschen. Um jederzeit bei Wind und Wetter durch die Brandung zu laufen und mir den Kopf freipusten zu lassen.

Ieva Jansone, Zaubermathe, Kalabrien, Martin Wyrwich

Fotos: Sonja Harnisch {Beitragsbild } (c) Svenja Paulsen | »Good Things Will Happen Soon« ist von mir, alle anderen von Lando Jansone

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