Goltzstraße 1982 (c) Esther Colton |
Es ist schon mehr als ein Jahr her, dass ich ihre Fotos erstmals sah. Ieva machte mich darauf aufmerksam: ‚mein‘ Kiez, lange bevor es ‚meiner‘ wurde, als ihm das heute vorherrschende ‚bürgerliche Element‘ [Berliner Morgenpost] noch fehlte und das ‚Leben hier tobte‘. Toben – ein Wort, das nicht mehr trifft. Es ist eher ein Plätschern oder Rauschen, je nach Wochentag und Tageszeit. Die Bilder aus der ‚Zeit des Tobens‘ stammen von der Deutsch-Amerikanerin Esther Colton, die laut Berliner Morgenpost, seit jeher in diesem ‚Revier‚ lebt.
.
.
Der Professor und [??], morgens, 1987 | Kai, der Professor & Leo, 1988 | Winterfeldtplatz, 1987 | Straßenreparatur nach einem Bombenanschlag, 1996 | alle Bilder (c) Esther Colton |
Ihrer Website zufolge wohnt sie nur etwa 100 Meter von mir entfernt, kurz vor dem Slumberland, wo bis 1978 der erste, der Ur-Dschungel war, bei dem sie mitgemischt haben soll. In der berühmt-berüchtigten Eckkneipe am Winterfeldtplatz traf sich ‚eine bunte Mischung aus Freaks, Jungkünstlern, Punks, linken Studenten, bewegten Frauen und Männern, Transsexuellen vom Strich am Nollendorfplatz, Kleinkriminellen und Zuhältern.‘ David Bowie und Iggy Pop sollen regelmäßig Gäste gewesen sein; Michel Faucoult habe sich hier inspirieren lassen und ‚Martin Kippenberger grotesk seine Beine zum Zappeltanz … [verrenkt]‚ [Wolfgang Müller]. Richtig berühmt wurde der Dschungel allerdings erst als ‚Gäste selektierende Glitzerdisko‚ [DIE WELT] in der Nürnberger Straße. Annette Humpe (Ideal) hat ihm schon 1980, David Bowie 2013 ein Denkmal gesetzt:
Sitting in the Dschungel
On Nurnberger Strasse
A man lost in time near KaDeWe
Just walking the dead
[aus: Where Are We Now? | David Bowie]
Mal seh’n, was im ,Dschungel‘ läuft
Musik ist heiß, das Neonlicht strahlt
Irgendjemand hat mein‘ Gin bezahlt
Die Tanzfläche kocht, hier trifft sich die Scene.
[aus: Berlin | Ideal]
Doch zurück in die Goltzstraße und Esthers Fotos, auf denen ich das ein oder andere Moment erkenne: den Hot-Dog-Laden zum Beispiel, der immer noch da ist oder das Café M, das Reiseführer bis heute als Szene-Location führen, Kenner/innen zufolge aber nur noch Legende ist – ich war nach neun Jahren gestern das erste Mal dort. Insgesamt zeigen die Bilder eine Straße, die ich nicht mehr kennen gelernt habe…
.
Goltzstraße 1986 (c) Esther Colton via Betonbabe via Westberlin |
die bilder, zeitzeugen, aufnahmen, die soviel wiederspiegeln. mir ist die strasse gänzlich unbekannt und doch finde ich die aufnahmen sehr berührend und aussagekräftig – liebe grüße JULIA
So man manches Bild kommt mir bekannt vor. Ich bin dort zu Schule gegangen. Vieles hat man aber auch wieder vergessen.
Ich stöbere immer wieder gerne bei dir.
Liebe Grüße
Andrea