Ein Blick hinter Frau Gold

22. Februar 2016
Gold. Das ist ihr Name. Und seine Geschichte ist so witzig wie wunderbar: „Manchmal wär‘ ich gern James Bond. Ich würde goldene Frauen küssen“, sang der Typ, der erst nervte und schließlich ihr Herz eroberte. Dass er nicht locker ließ, kann man verstehen, wenn man sie (selbst nur virtuell) kennenlernt. Frau Gold ist einfach toll! Sie kann zum Beispiel wunderbar nähen. Das können vielleicht viele. Aber niemand kann seine Nähwerke so grandios in Szene setzen wie sie.
Heute erzählt sie, wie es dazu kam – zum Nähen und zu der außergewöhnlichen Inszenierung ihrer Stücke. Außerdem denkt sie laut darüber nach, was noch so alles in Frau Gold stecken könnte. Sollte es die Unisex-Kollektion sein (Oh ja, bitte! Unbedingt!), werde ich Fan der 1. Stunde sein.Jetzt aber: Ton ab für Frau Gold!

Dein Alias heißt Frau Gold. Warum?
Da war dieser Typ. Kennengelernt habe ich ihn kurz nach meinem Umzug nach Berlin, also etwa Herbst 2001. Erst hat er mich unendlich genervt. War ein Freund von Freunden und immer dabei. Bis ich mich ziemlich schlimm verliebt habe. Er hatte also diese Msuik gemacht. “Manchmal wär`ich gern James Bond, ich würde goldene Frauen küssen.” Ich musste also Frau Gold werden. (Das hat alles gut geklappt. Wir haben zwei Kinder bekommen und er ist heute mein Mann.) Den Namen habe ich in der Schublade gelassen, sollte ich einmal etwas gründen wollen.
Du bist ausgebildete Tänzerin, tanzt aber nicht mehr. Fehlt dir das Tanzen? Und wie stillst du deinen Bewegungshunger jetzt?
Das Tanzen direkt nicht, nein. Was ich brauche ist Gestaltung, Performanz und Körperarbeit. Gestaltung und Performanz sind die Vektoren, die auf mein Weblog weisen. Das Bedürfnis nach Bewegung über das alltägliche hinaus ist relativ neu, seit ich nicht mehr tanze. Begünstigt durch den Umstand, dass wir das Glück hatten in ein kleines Haus mit Badesteg auf die Havel hinaus ziehen zu können, habe ich das Schwimmen wiederbegonnen. Im vergangenen Jahr bin ich also bei Wassertemperaturen über 15 Grad, das hatten wir ab Ende April bis Ende Oktober, täglich geschwommen. Und das war wie eine Erweckung. Der Himmel über mir, das Licht, die Reiher, das Wasser, mein Körper darin. Daran habe ich also wieder große Lust gewonnen. Zum Saisonende habe ich ein tägliches Mattentraining begonnen. Angelehnt an das Body-Conditioning aus meinen Tagen als Tänzerin. Bloß diesmal als Selbstzweck. Ich gönne mir, meinen Körper zu modellieren. Diesen äußeren Ansatz konnte ich bisher nicht mit meinem Selbstbild vereinen. Das scheint überwunden.
Welche Art Tanz hast du gelernt? Bei wem und wo?
Noch als Schülerin war ich an der Ballettschule des Staatsballett Mainz. Das habe ich als die Schule begriffen, durch die der Körper muss. (Wirkliche Freude am klassischen Tanz habe ich erst später entwickelt.) Interessiert habe ich mich für Komposition, Improvisation, zeitgenössische Stile. Ich habe Kurse besucht, Workshops gemacht, bin LehrerInnen hinterhergereist. Nach dem Abitur habe ich in verschiedenen Bühnenprojekten mitgewirkt, Theater- aber auch Tanz. Um meine verschiedenen Tätigkeiten zu einen und ganz durch etwas hindurchzugehen habe ich noch eine private Modern-Ausbildung in Berlin gemacht.
Nach wie vor meine ich, dass klassische Training bietet eine gute Grundlage. Positioniert den Körper exakt im Raum, ordnet. Von dort aus ist man frei zu gehen, wohin man mag.
Warum hast du aufgehört?
Der Stil, den ich für mich entwickelt habe, war wenig körperfreundlich. Sehr kraftvoll, sehr hart. Nach einer schweren Knieverletzung bin ich die Angst um meinen Körper nicht wieder richtig losgeworden. Mein Stil, wie er war, war kaum mehr ausführbar. Die Transformation ist mir damals nicht gelungen. Zur damaligen Szene in Berlin habe ich keinen richtigen Zugang gefunden und darüber das Interesse verloren. Heute wäre mein Stil ein anderer. Das weiß ich. Aber alles hat seine Zeit, und gerade ist er nicht dran, der Tanz.
Du bist eine wunderbare Näherin. Wie bist du zum Nähen gekommen?
Mein Elternhaus und auch meine Schule waren ziemlich handarbeitsfern. Dennoch hatte ich einen Korb: “näherisch verändern” der Titel. Kleidungsstücke die anders werden sollten. Also sind darin große weiße gerippte Männerunterhemden gelandet. Unter der Achsel abgeschnitten, krude von Hand umgenäht und einen Gummi eingezogen hat das einen Rock ergeben. Von einem weißen Longsleeve habe ich die Ärmel rausgeschnitten und, nach unten ausgestellt, abwärts des Knies getragen. (Und das – selbstverständlich – bevor Mode dergleichen in der Rave-Bewegung aufgekommen ist. ;-))
Ein paar Mal wurde ich angesprochen, ob ich nicht Modedesign studieren wollen würde. No way. Viel zu äußerlich wäre das. Bisschen schade, finde ich heute. Anleitungen benutzt man nicht. Alles was nicht vollständig aus mir kommt, ist nicht kreativ. So war meine Haltung. Das hat mir viele Zugänge versperrt. Ein Glück kann ich es heute genießen, mich inspirieren zu lassen.
Die Nähmaschine habe ich mir irgendwann einfach gekauft. Und bin dran geblieben.
Was ist dein liebster Schnitt für „Große“ und für „Kleine“?
Ich schätze sehr maki von kleinformat für Erwachsene und das Hemd michel von fabelwald für Kinder.
Du lebst mit deiner Familie in einer kleinen Stadt in der Nähe von Berlin. Wann seid ihr dort wieso hingezogen?
Vorvergangenes Jahr sind wir aus einem Altbau in Berlin Neukölln aus der Stadt hinausgezogen. Allem voran der Wunsch, ländlich zu leben mit der Grundvoraussetzung: Waldorfschule. Das mit der Schule hat schonmal geklappt und mit der Kleinstadt und vor allem dem sehr, sehr schönen Haus und der wunderbaren Umgebung fühlen wir uns aktuell sehr wohl. Das etwas größere Haus, außerhalb der Stadt, vom Garten direkt umgeben (wir haben im Moment 600qm Garten – allerdings fünf Minuten Fußweg entfernt) – lockt dennoch! Dem Ruf folgen werden wir, aber erst, so meine ich, in ein paar Jahren.
 
Und zum Schluss: Was wünscht du dir für das noch relativ junge Jahr?
Meine eigene Entwicklung, im Geistig-Seelischen, rückt wieder weiter nach vorne. Außerdem stellt sich mir erneut die Frage was Frau Gold ist und vielleicht sein kann. Weitere Wirkungsfelder im Bereich der Gestaltung zu erschließen, dazu drängt es mich. Zusätzlich denke ich über eine kleine Unisex-Kollektion für Erwachsene nach. Clean, minimal, plastisch.
Wirksam-sein an unserer Waldorfschule durch verschiedene Ämter und Engagements bildet für mich die Grundlage aller weiteren Tätigkeiten, dort verschiedene Projekte voranzubringen und die Schule als Lebensraum im Werden zu stützen. Das ist mein Wunsch.

10 Comments

  • 9 Jahren ago

    Das klingt sehr klar. Schön!!
    Die Unisex-Kollektion wäre wunderbar!
    LG Jutta

  • 9 Jahren ago

    mega genial cool. und bewundernswert.
    liebe grüße aus südtirol
    andrea

  • 9 Jahren ago

    Ich mag Frau Gold, was auch immer sie dann noch werden wird.
    Und ich mag diesen wunderbaren, lichtdurchfluteten Raum. Auch wenn man den Badesteg da gar nicht sieht.

    LG, Katja

  • 9 Jahren ago

    ein schöner text. ich mag ihren blog so gern!

  • 9 Jahren ago

    Schön, mehr von Ihr/Dir, Frau Gold, zu erfahren!

  • 9 Jahren ago

    Toll….Frau Gold…..schöner Mensch !

  • 9 Jahren ago

    sie ist und bleibt einfach eine von den richtig richtig guten. famos.
    danke euch.

  • wirklich sehr coole Frau 😀
    Inspirierend!

  • 9 Jahren ago

    Boah, boah, boah!
    So cool muss man erst mal sein.

    Lieben, lieben Dank!

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