Ein Blick hinter Berlinmittemom

16. Dezember 2013
Die neue Woche beginnt mit einem Blick hinter Berlinmittemom – ein so genannter ‚Mama-Blog‘, hinter dem Anna Luz steht: dreifache Mutter, ‚Berlinpatriotin‘ und Bloggerin aus Überzeugung. Kennen gelernt habe ich Anna Luz in Hamburg im Rahmen eines Blogst-Workshops. Ihre Fröhlichkeit, ihre Power und Klarheit haben mich sie sofort für sie eingenommen. In dem für dieses Jahr letzten Blick hinter ein Blog erzählt sie vom Muttersein, von der Verzahnung des On- und Offline-Lebens und wie sie die verschiedenen An- und Herausforderungen des Lebens in Balance hält. Danke für das Gespräch, liebe Anna Luz! Euch wünsche ich eine anregende Lektüre.
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Wer ist die Berlinmittemom?
Berlinmittemom, das ist einerseits mein Netzort, den ich gestalte und der mir den Raum bietet, über die Menschen, Begegnungen, Zusammenhänge zu schreiben, die mich bewegen. Aber Berlinmittemom, das bin auch ich als Person, Anna Luz de León, Frau, Schreibende, Mutter. Zum Beispiel.

Es ist mir ganz wichtig, dass es zwischen der virtuellen Persönlichkeit der Berlinmittemom und mir keine fundamentalen Unterschiede gibt: ich bin ich, im virtuellen (Blogger) Dasein wie im Real Life. Das heißt nicht, dass ich alles über mich erzähle. Aber das, worüber ich schreibe, ist authentisch. Da gibt es nichts Erfundenes und kein so-tun-als-ob. Wenn ich auf Berlinmittemom nicht echt wäre, könnte ich es gleich lassen.

Wie lebt die Berlinmittemom?
Ich lebe mit meinem Mann und meinen drei Kindern im Prenzlauer Berg unweit vom Volkspark Friedrichshain. Wir lieben das Mittendrin-Gefühl von Berlin und haben für uns die perfekte Balance gefunden zwischen Bewegungsfreiheit und Großstadt-Rhythmus. Wir sind ungeplant nach Berlin gekommen, und ich hätte nie gedacht, dass wir tatsächlich bleiben würden. Und das aus Überzeugung! Zumindest im Moment können wir uns keinen anderen Ort zum Leben vorstellen, der so gut unser Lebensgefühl trifft.
Wolltest du schon immer mehr als ein Kind haben?
Früher wollte ich sogar mal vier! Aber das war, bevor ich drei hatte. Ich bin selbst mit zwei Geschwistern aufgewachsen, die mir bis heute sehr nahe stehen. In unserer gemeinsamen Kindheit waren wir Partners in Crime, wir teilten den Schulweg, den Spaß, die Sorgen und bis heute die Erinnerungen an eine wichtige, gemeinsame Zeit, die uns geprägt hat. Das wollte ich für meine potentiellen Kinder auch. Und ich bin heute froh zu sehen, dass das zwischen meinen Dreien genauso ist. Sie sind wie eine Art Bande: unzertrennlich, verschworen, verbunden.

Was sind die größten Herausforderungen für dich als dreifache Mutter?
Ich glaube, das lässt sich so einfach nicht sagen, weil die konkreten Herausforderungen des Alltags sich ja mit den Entwicklungsphasen der Kinder auch immer wieder verändern. Aber unterm Strich ist es wahrscheinlich die Kunst, die Bälle alle in der Luft zu halten bzw. nicht aus dem Takt zu kommen, wenn mal einer runter fällt. Damit meine ich nicht das vielzitierte „Muttitasking“, bei der möglichst viele Dinge gleichzeitig abgehandelt werden werden. Das halte ich persönlich für keine erstrebenswerte Überlebenstechnik. Ich meine eher die Kunst, die Bedürfnisse aller zu sehen: die meiner Kinder, meine eigenen, die meines Mannes – all das, was wir als Familie brauchen, als Paar und auch jedes Kind in seiner Beziehung zu mir oder zu ihrem Vater. Das nicht aus dem Blick zu verlieren, es zu schaffen, gut zu mir selbst UND zu meinen Kindern zu sein – das ist die echte Kunst. Und um die bemühe ich mich, auch wenn ich mir sehr bewusst bin, dass ich oft sehr weit davon entfernt bin, sie zu beherrschen.
Lassen sich Beruf und Familie für dich vereinbaren?
Einerseits würde ich das mit einem klaren Ja beantworten, weil ich in der privilegierten Situation bin, von zu Hause arbeiten zu können, was mich wiederum sehr flexibel macht. Wenn meine Kinder mich brauchen, weil sie zum Beispiel krank sind, kann ich darauf meistens spontan reagieren. Das ist mir persönlich wichtig und gibt mir auch eine gewisse Sicherheit in meiner Rolle als Mutter: ich kann meistens da sein, das heißt für mich: I’m in control. Der Nachteil an dieser Art zu arbeiten ist andererseits, dass oftmals nur die Reste von der Zeit für mich übrig bleiben. Ich stelle es mir manchmal einfacher vor, ich könnte morgens in ein Büro gehen und dort arbeiten. Mit Kollegen und mit verlässlichen Arbeitszeiten. So sitze ich ganz oft nachts oder zumindest am späten Abend noch am Schreibtisch. Das macht mich oft unzufrieden und auch der tägliche Kontakt mit Kollegen fehlt mir manchmal. Aber unterm Strich funktioniert es dennoch gut für mich, natürlich auch, weil die Verteilung von Familienzeit, Verantwortung, Geld verdienen und Selbstverwirklichung zwischen meinem Mann und mir genau ausbalanciert bzw. bewusst gewählt und gut abgesprochen ist. Das ist überhaupt der Idealfall und ein großes Glück: die Familie zu zweit zu wuppen und nicht allein.

Warum bloggst du?
Das frage ich mich inzwischen gar nicht mehr, so sehr ist Berlinmittemom Teil meiner fast täglichen Form des Ausdrucks und auch der Begegnung geworden. Und das sind wahrscheinlich schon die zwei zentralen Gründe: das Schreiben ist wohl mein wichtigstes Medium, um mich auszudrücken und gibt mir gleichzeitig die Möglichkeit, andere Menschen zu erreichen, im Idealfall sogar, sie zu berühren. Beim Bloggen kann ich das und ich kann noch mehr. Ich kann die mir wichtigen Themen bearbeiten, ich kann aber auch plaudern. Es ist mein Blog, das heißt, ich kann jederzeit entscheiden, worum es gehen soll. Ich habe eine Weile gebraucht, das zu begreifen, aber das Bloggen schenkt mir tatsächlich eine unglaubliche Freiheit. Ich könnte heute eine Fotoserie starten oder über mein Musikprojekt bloggen, es wäre ganz und gar meine Entscheidung.

Ein weiterer und ganz wunderbarer Aspekt ist immer wieder die Begegnung mit anderen Menschen. Ich habe tatsächlich übers Bloggen virtuell wie auch im Real Life die wunderbarsten Menschen kennen gelernt. Es sind Leserinnen, aber natürlich auch Bloggerinnen, Twitter“moms“ und andere Schreibende, teilweise aus komplett anderen Zusammenhängen – Menschen, denen ich ohne mein Bloggen niemals begegnet wäre. Aus diesen Begegnungen entsteht oft Wunderbares, vom inspirierenden Kontakt bis zur echten Freundschaft ist alles dabei. Das ist für mich das Sahnehäubchen auf meinem Bloggerinnen-Dasein und ein großes Geschenk.
Du schreibst, dass du von Blog-Life-Balance genauso wenig hältst wie von Work-Life-Balance, weil Bloggen wie Arbeiten Teil des Lebens sind. Wie viel Lebenszeit nimmt das Bloggen bei dir in Anspruch und steht das für dich und deine Familie immer im Lot?
Mich ärgert dieses Wort Work-Life-Balance immer: was soll das eigentlich bedeuten? Wenn man arbeitet, lebt man nicht? Nur alles andere außer Arbeit ist Leben? Wenn das so wäre, wäre das ja katastrophal! Dasselbe gilt für diese ominöse Blog-Life-Balance. Für mich gibt es diese Unterscheidung nicht: Leben ist all das, was ich tue, sei es arbeiten, bloggen, Zeit mit meiner Familie verbringen, was auch immer.

Mein virtuelles und mein analoges Leben greifen ineinander, das bedeutet eigentlich, dass mein Bloggen in meinem Leben ebenso präsent ist, wie mein Leben in meinem Blog. Das eine gibt es nicht ohne das andere. Das heißt nicht, dass ich ständig online bin oder jedes Familienereignis verblogge. Aber Bloggen, Schreiben, Leben – das ist eine Einheit, in der ich mich bewege. Und meine Familie mit mir. Bisher gab es jedenfalls da noch keine Beschwerden.

Meistens schreibe ich allerdings meine Blogartikel auch abends, wenn die Kinder im Bett sind und ich ein Minimum an Ruhe habe. Insofern fallen die Familienzeit und die konkrete Blog-Zeit in der Regel nicht zusammen.

Wie war das Jahr 2013 für dich bisher? Und was wünschst du dir für die nächsten Wochen und das neue Jahr?
2013 war aufregend, ereignisreich und intensiv, an manchen Stellen sicher auch anstrengend, aber vor allem: voller Bewegung. Und das mag ich. Zu den schönsten Erlebnissen in diesem Jahr gehören für mich unsere Reise nach Israel, ein Land, von dem ich überhaupt keine Vorstellung hatte und in das wir uns als Familie spontan verliebt haben. Außerdem haben sich viele meiner virtuellen Kontakte ins echte Leben übertragen, und ich durfte die wunderbarsten Begegnungen erleben – eine davon mir dir!
Ich hoffe, die nächsten Wochen werden trotz Vorweihnachtszeit nicht hektisch sein und wir werden Zeit genug für die Dinge finden, die uns wichtig sind. An Weihnachten werden wir mit der ganzen großen Sippe hier in Berlin feiern, darauf freue ich mich sehr.
2014 lasse ich einfach auf mich zukommen. Ich glaube, all das, was mein Leben in 2013 so in Bewegung versetzt hat, ist noch nicht vorbei und ich wünsche mir, dass dieses Gefühl der „offenen Türen“ mir im neuen Jahr erhalten bleibt. Ich möchte nämlich gerne durch ein paar dieser Türen gehen!

3 Comments

  • 10 Jahren ago

    So ein schönes Interview… Vielen Dank. Artikel wie dieser schaffen eine schöne kleine Ruhepause, zum Nachdenken.

  • 10 Jahren ago

    Toll…
    Anna hat zu dem Thema "warum blogge ich" Sätze gefunden, die mich berührt haben und in meinem Tun als Bloggerin stärken. Danke Anna!
    Und danke für das schöne Interview, Indre!
    liebst, die lisa
    http://www.soeinfreitag.de

  • 10 Jahren ago

    ehrlich -schön!;) danke für das nette gespräch!
    sarah

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