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Foto: Peter Fauland |
Die Potsdamer Straße steht für mich pars pro toto für Berlin. Sie ist so widersprüchlich wie die bankrotte Hauptstadt, die auf ein Milliardengrab namens
Willy Brandt genauso gelassen reagiert wie auf den Besuch von
Brangelina, aber hysterisch wird, wenn ihre
Tempelhofer Freiheit auf dem Spiel steht.
Auf dem Teilstück der ehemaligen Reichsstraße 1, die Aachen mit Königsberg verband, findet die Widersprüchlichkeit ihren vorläufigen Höhepunkt. Auf der einen Seite shoppen Millionärsdamen bei Murkudis, auf der anderen bieten Prostituierte ihre Dienste an. Während selbstverliebte Hippster mit ihren Hunden Gassi gehen, durchforsten osteuropäische Mädchen selbstvergessen Mülltonnen im Hotelhinterhof. Fiona Bennetts schrille Hüte konkurrieren mit den bunt-bebilderten Satelliten-Schüsseln um Aufmerksamkeit, und der türkische Gemüsehändler reicht dem internationalen Top-Galeristen eine frisch geschnittene Melone. Es knirscht und quietscht, wenn all diese Welten aufeinandertreffen. Es prickelt, zischt und brodelt, aber geknallt hat´s bisher nicht.
Ich liebe diese Straße, von der
Fiona Bennett sagt, dass man hier wirklich das Gefühl habe, in einer Großstadt zu sein. Eine Straße im Wandel, die immer wieder für Überraschungen sorgt. Zum Beispiel wenn der Blick durch eine unscheinbare Toreinfahrt in einen prachtvollen Innenhof fällt, sich hinter Gewerbehöfen blühende Gärten auftun oder schmuddelige Hauseingänge in herrschaftliche Treppenaufgänge führen. Eine Straße mit Seele. Darum habe ich sie zum Thema meines Fotoworkshops gemacht. Unter fachkundiger Begleitung von Fotograf
Peter Fauland habe sie erkundet, diese laute, ruhelose Straße, die ich meist nur flüchtig kreuze oder fix herunterfahre. Denn zum Schlendern lädt sie nicht ein. Das muss man sich herausnehmen.
Ich plane, ein Heftchen aus dem Bildmaterial zu machen, und durch Geschichten und Gedichte, mit Daten und Fakten zu ergänzen. Doch das wird noch eine Weile dauern. Darum zeige ich heute eine erste Fotoauswahl.
Ich bin gespannt, wie sie euch gefällt – die ‚Potse‘ – und danke momondo für die freundliche Unterstützung des Projekts.
Ich habe schon an anderer Stelle über die Potsdamer Straße geschrieben: hier, hier und hier.
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Das alte Tagesspiegel-Gebäude beherbergt heute diverse Galerien und Andreas Murkudis Flagshipstore.
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Gemüsehändler bei der Arbeit |
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Herrschaftliche Eingangstore führen in prachtvolle Hinterhöfe. |
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Vorn die laute Straße, hinten grüne Oasen. |
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Plakate am Wintergartenvarieté |
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Die Viktoria Bar ist eine Institution. |
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Wie der Hund so das Herrchen. |
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Die Satellitenschüsseln am ‚Sozialpalast‘ sind das Ergebnis eines Kunstprojekts. Jedes Motiv war erlaubt mit Ausnahme der Nationalflagge. |
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Der Treppenaufgang in der Potsdamer Straße 103. |
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Das Galeriecafé P103 Mischkonzern mit aktueller Ausstellung. |
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Das katholische Devotionaliengeschäft gibt es seit mehr als 20 Jahren. Mehr zur Geschichte, erzählt berlin1. |
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Zum Shoppen zu Murkudis. |
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Godzilla meets Nicole Kidman meets Levis. Der Kopf soll angeblich Teil einer Werbeaktion des Jeansherstellers sein. |