»Stein fand das Haus im Winter. {…} Es sah aus, als würde es jeden Moment lautlos und plötzlich in sich zusammenfallen.«
aus: Judith Hermann: Sommerhaus später, 1998
Als Judith Hermanns Erzählband »Sommerhaus später« erschien, war ich Mitte Zwanzig und hatte das Experiment Landleben erst kürzlich beendet. Trotzdem fand ich an der Vorstellung Gefallen, später einmal ein Sommerhaus zu besitzen – gerne am See, noch lieber an der See und am allerliebsten auf einer Insel.
Wenn ich mit meinem damaligen Freund durch den damals noch ziemlich »wilden Osten« fuhr, hielt ich stets Ausschau nach »meinem Sommerhaus«. Ich fand es nie und so wird es wohl auch bleiben. Nicht dass das Bild von mir in einem prachtvollen Blumengarten vor einem kleinen Haus mit Blick aufs Meer keinen Reiz mehr hätte. Durchaus! Nur das Wissen um die Arbeit, die in einem prachtvollen Blumengarten steckt und um die hinter der Idylle lauernde Tristesse dämpft die Euphorie. Nichtsdestoweniger zieht es mich immer wieder aufs Land und eben weil ich dort keine feste Bleibe habe, suche ich immer neue Orte auf.
Schöne Ferienwohnungen finden
»Gerade im Winter muss ich mich in der Wohnung wohlfühlen.«
Schöne Ferienwohnungen im näheren und weiteren Umland von Berlin {auch zu erschwinglichen Preisen} findet man z.B. über diese Plattformen {kennt ihr noch andere?}:
Widde widde witt, ich mach mir die Welt…
Meine jüngste Entdeckung heißt Rerik. Das kleine Ostseebad zwischen Rostock {ca. 37 km} und Wismar {ca. 36 km} trug bis 1938 den slawischen Namen Alt Gaarz, doch die Nazis stellten sich lieber in die Tradition der kriegerischen, ergo: »starken« Wikinger und benannten den Ort nach ihrer hier vermuteten Siedlung Reric. Tatsächlich lag der slawisch-wikingische Handelsplatz etwa 19 km südsüdwestlich, aber faschistische Regime nehmen es bekanntermaßen nicht so genau mit der Wahrheit und also heißt Alt Gaarz nun eben Rerik.
Das 2.000-Einwohner/innendorf liegt am nordöstlichen Ende des Salzhaffes, dort wo die Halbinsel Wustrow beginnt und der Strandspaziergang jäh am Stacheldraht endet. Schon von Ferne blicken einem die tiefschwarzen Fenster der einstigen Gartenstadt entgegen – beinah idyllisch, wäre da nicht dieses düstere Unbehagen.
Große Pläne für eine kleine Insel
Über viele Jahrhunderte war die Halbinsel ein unbedeutender Grundbesitz mit drei Erbpachthöfen, Wiesen und Feldern. Das änderte sich 1932 als die »von Plessen-Brüder« das Areal an die Reichswehr verkauften. Die Nationalsozialisten hatten Großes mit der kleinen Insel vor: Innert weniger Jahre wurde hier die größte Flak-Artillerieschule errichtet samt Kasernenanlagen, Flugplatz, Hafenanlagen und Gartenstadt {Rerik-West}.
Wie die Sache weiter- und ausging, ist bekannt. Am 2. Mai 1945 wurde Wustrow kampflos an die sowjetischen Streitkräfte übergeben, die es von 1949 bis 1993 einen Militärstützpunkt nutzten. 1998 verkaufte die Bundesrepublik Deutschland das Areal entgegen dem Willen der Reriker/innen an einen Privatinvestor.
Die Fundus-Gruppe träumte von einem Luxus-Resort mit Golfplatz und Marina. Doch daraus wurde nichts. Es fehlte ein überzeugendes Verkehrskonzept, weshalb die Stadt ihr Veto einlegte. Den Vorhabensstopp quittierte der Investor prompt: Das vollständige Zutrittsverbot untersagte fortan auch die Führungen über das Gelände. Das liegt nun 13 Jahre zurück; in der Zwischenzeit hat sich die Natur die Insel Stück für Stück zurückerobert und das einstige Bauland in einen Wald verwandelt. Ob und wie der Investor seine Pläne jemals realisiert, ist offen. Anders die Halbinsel: Die ist weiterhin geschlossen.
Offener Ausgang fürs Paradies
2013 unternahmen Studierende des Instituts für Freiraumentwicklung an der Universität Hannover einen neuen Anlauf und entwickelten fünf alternative Nutzungskonzepte für »das verbotene Paradies«, doch die »Entwürfe für die postmilitärische Wildnis« wurden meines Wissens nie ernsthaft diskutiert.
- Filmtipps: MDR Artour »Halbinsel Wustrow« von 2010 {6.31 Min.} und »Verwunschene Halbinsel Wustrow« von 2015 {5.23 Min.}
- Buchtipp: »Die verbotene Halbinsel Wustrow. Flakschule – Militärbasis – Spionagevorposten«
von Edelgard und Klaus Feiler | 2011 - Führungen können seit 2004 nicht mehr auf, aber um die Halbinsel gemacht werden – mit Klaus Feiler auf MS Ostsee Rerik.
Abgesehen von der turbulenten Geschichte der Halbinsel Wustrow ist Rerik ein eher unspektakulärer Ort: Zu seinen touristischen »Highlights« zählen eine frühgotische Kirche, ein kleines Heimatmuseum und ein paar Großsteingräber. Mein persönliches Highlight war der morgendliche Steilküstenlauf und unsere »wohnung süd« im »haus m«, die der in Berlin lebende Architekt Sebastian Kablau entworfen und gebaut hat. Die 50qm-Wohnung hat alles, was das Wohnminimalist/innen-Herz begehrt: schlichte Möblierung, viel weiße Wand und noch mehr Licht.
Doch selbst in der schönsten Wohnung droht irgendwann der Budenkoller, wenn das Wetter den täglichen Strandspaziergang vereitelt. Gegen den drohende Deckenabsturz hilft nur eines: »ausfliegen«.
Meine Ausflugs-Tipps rund um Rerik
WONNEMAR Wismar: Wenn es einem endlich gelungen ist, sich mit der Tatsache zu arrangieren, dass Runen- und Landser-Tattoos hier zur Normalität gehören, kann das Wismarer Badeland mit seinen vielen Becken und Rutschen sogar Spaß machen.
Rostock-Tipps
Von Rostock haben wir nur einen kleinen Ausschnitt gesehen: die Stadtmitte und die Kröpeliner-Tor-Vorstadt {kurz: KTV}. Vor allem das bunte Studenten- und Szeneviertel mit seinen vielen kleinen Läden, Cafés und Bars mochte ich.
Meine Rostock-Empfehlungen:
- vom Neuen Markt zum Kröpeliner Tor flanieren bis zur Universität mit dem »Porno-Brunnen«
- ein Besuch der »anderen buchhandlung«
- ein frischgerösteter Espresso bei Ronja
- ein Abstecher zum Rostocker Fischmarkt {und den frischen Fisch direkt vor Ort essen oder eben mitnehmen}
Warnemünde-Tipps
Warnemünde gehört zwar zu Rostock, kann aber durchaus für sich allein stehen. Das Seebad mit dem breitesten Sandstrand der Ostseeküste hat vor allem architektonisch einiges zu bieten: auf der einen Seite das Hotelturm »Neptun« {Baujahr: 1971} und der hochmoderne Hyparschalenbau von Müther und Kaufmann, Teepott genannt {Baujahr: 1965}. Auf der anderen Seite der Leuchtturm und die alten Fischerhäuser und dazwischen das Kurhaus im Stil des Neuen Bauens, die riesige Werft und nicht minder großen Hafen.
Meine Empfehlungen für einen Besuch in Warnemünde:
- Besuch im Edward-Munch-Haus {der Maler lebte dort in den Jahren 1907/08}
- eine Hafenrundfahrt
- ein Abstecher in die Alexandrinenstraße
- ein {barrierefreier} Strandspaziergang
- ein Matjesbrötchen {weder Backfisch-Tilo noch Backfisch-Udo hauen einen kulinarisch vom Hocker, aber es gehört einfach dazu}
Neben Rostock, Warnemünde und dem Wonnemar gibt es natürlich noch viel mehr zu sehen; Heiligendamm zum Beispiel oder Bad Doberan. Das heben wir uns für ein eventuelles nächstes Mal auf.
Habt ihr für dieses nächste Mal vielleicht noch ein paar Tipps und Empfehlungen?
Hallo,
Rerik hat viele Sehenswürdigkeiten und bietet diverse maritime Sportmöglichkeiten. Fotos und Highlights sind in unserer Karte von Rerik mit klickbarere Symbolen, die Sie zu den Locations führen, zusammengefasst.
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