KW 10 #Jobeingewöhnung. Oder: Brett vorm Kopf für Anfänger und Fortgeschrittene

5. März 2015
Von hier ist keine Hilfe mehr zu erwarten…

Es heißt, man werde starrsinniger mit dem Alter. Von Starrsinn will ich noch nicht sprechen, aber flexibel ist was anderes. Knapp drei Wochen bin ich jetzt in meinem neuen Job und zu behaupten, ich sei drin, wäre vermessen. Ich bin angekommen. Ja. So im Sinne von ‚mental gelandet‘ und ‚emotional geankert‘. Aber mental und emotional durchdrungen habe ich meine neue Arbeitswelt noch längst nicht. Optimistisch betrachtet könnte das im Frühsommer der Fall sei. Konservativ prognostiziert Herbst. Im Vergleich dazu: Kinder brauchen für die Krippeneingewöhnung durchschnittlich zwei bis vier Wochen. So viel zum Thema ‚Flexibilität und Alter‘. Nicht nur Körper rostet mit den Jahren ein, auch der Geist wird unbeweglicher. Die Hirnforschung weiß das schon lange; ich erlebe es gerade hautnah.

Eine ‚Jobeingewöhnung‘ ist Intensivfitness fürs Hirn und wie Bauch-Beine- oder Po-Training ein Entwicklungsprozess. Im Unterschied zu Letzterem verläuft er jedoch nicht linear (also nix von wegen ‚In-drei-Wochen-zum-Michelle-Obama-Oberarm), sondern zirkulär, was bisweilen recht frustrierend ist: Das Gefühl ‚Brett vorm Kopf‘ ist nämlich auf Fortgeschrittenen-Niveau um keinen Deut besser an als im Anfängerstadium. Im Gegenteil!

Ich habe bisher rund vier Eingewöhnungsphasen durchlaufen. Gestartet bin ich mit dem Gefühl seliger Ahnungslosigkeit. Das wurde quasi umgehend von der Phase ‚Brett vorm Kopf I‘ abgelöst: Hä, wie jetzt? Einige Tage später meinte ich dann langsam Strukturen, Abläufe, Routinen und Gesichter erkennen zu können. Ein gutes Gefühl. Vergleichbar mit dem Stolz, der aufkommt, wenn man untrainiert fünf Kilometer läuft und meint, damit die eigene Natur erfolgreich überlistet zu haben. Dass das ein Trugschluss ist, weiß man spätestens am nächsten Morgen, wenn man mit einem Muskelkater, der sich gewaschen hat, vorm Treppenabsatz steht und sich fragt, wie man ohne ambulante Hilfe ins Erdgeschoss kommt (jetzt noch einmal Treppengeländer-Surfen können). Nicht viel anders verhält es sich beim Hirnjogging: Mein Heureka-Erlebnis wurde wenig später von der schmerzhaften Erkenntnis abgelöst, dass knapp daneben auch vorbei ist.
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Vernagelt

Gegenwärtig befinde ich mich in der Ich-habe-verstanden-dass-ich-nichts-verstehe-Phase, also ‚Brett vorm Kopf für Fortgeschrittene‘. Sie folgte unmittelbar auf mein zweites Heureka-Erlebnis, als ich glaubte zu verstehen, wie man bei neuem Arbeitgeber an eine ‚kommunikative Herausforderung‘ herangeht – Probleme gibt es in meiner Branche ja nicht. Eigentlich nicht mal Herausforderungen. Nur Themen. Ein logischer Kurzschluss in meinen Augen, denn wo kein Problem ist, braucht es keine Lösung. Beratung lebt aber nunmal vom Verkauf von Lösungen… Aber egal. Das ist eine andere Baustelle.

Ich wähnte mich also kurz verstanden zu haben. Doch mein erstes Konzeptpapier lehrte mich sogleich eines Besseren: So nicht. Wie aber dann? Wer zehn Jahre in Dialog- und Beteiligungsprozessen gedacht hat, steht bei einem klassischen Kampagnen- oder PR-Konzept erstmal auf dem Schlauch. Das ist mein aktuelles Thema, um nicht zu sagen Problem und ich bin gespannt, was auf seine Lösung folgt. Vielleicht ‚Brett vorm Kopf professionell‘.

In diesem Sinne schon heute ein brettfreies Wochenende und das obligatorisch Gelistete:

5 Comments

  • 10 Jahren ago

    Genau darum ist meiner Meinung nach Tapetenwechsel so bereichernd und "erste Male" so belebend. Oh ja, Eingewöhnungen stellen vor die ein oder andere Hürde. Für manche kann man gar nichts. Irgendwann lacht man drüber und freut sich über diese intensive Lehrzeit und das Muskelkaterzwicken. Das wird!

  • 10 Jahren ago

    Hier ebenso. Inzwischen 4 Wochen und ich bilde mir ein, das ich nur ein sandkorn verstanden habe. Da is aber noch der ganze strand. Ufff. Halte durch, es wird besser.

  • 10 Jahren ago

    Ja, und wie. Mangelnde Flexibilität ist nicht nur im Alter ein Problem, sondern auch im Mittelalter… das muss ich auch gerade zähneknirschend feststellen. Wenn man jahrelang die gleiche Strecke fährt, fühlt es sich plötzlich total seltsam und unkommod an, eine andere Richtung zu nehmen. Ungekannte innere Widerstände tun sich da auf, die einem über sich selbst den Kopf schütteln lassen.
    Wenn man ja aber trotz Muskelkater weitertrainiert, dann soll es irgendwann besser werden. Oder? ODER?

    LG, Katja

    • 10 Jahren ago

      Oh, das hoffe ich inständig! 😉 LG I

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