„Kinder kennen solche Gegenräume, solche lokalisierten Utopien … . Das ist natürlich der Garten. Das ist … das Indianerzelt auf dem Dachboden. Und das ist … das Ehebett der Eltern. Auf diesem Bett entdeckt man das Meer, weil man zwischen den Decken schwimmen kann. Aber das Bett ist auch der Himmel, weil man auf seinen Federn springen kann. Es ist der Wald, weil man sich darin versteckt. Es ist die Nacht, weil man unter den Laken zum Geist wird.“
Michel Foucault, aus: Die Heterotopien. Der utopische Körper – Zwei Radiovorträge
Heterotopien nennt Foucault jene Gegenräume, in denen alles möglich scheint und alles anders sein könnte. Nicht: „Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose“. Nein! Ein Bett ist das Meer ist der Himmel ist ein Wald ist die Nacht.
Anders als Utopien, die an einem jenseitigen Ort liegen, sind Heterotopien im Hier und Jetzt angesiedelt. Foucault spricht von den Freudenhäusern und Gefängnissen, aber auch von Gärten, Bibliotheken und Museen, vom Indianerzelt, vom Dachboden oder eben vom elterlichen Bett. All diese Orte sind Teil der sozialen Wirklichkeit, haben ihren festen Ort im Sozialgefüge. Doch sie bewegen stets ein Stück außerhalb den geltenden Normen und Regeln. Eben darin liegt ihr utopisches Potenzial.
Ich wünschte, es gäbe mehr gute Gegenräume in unserer Welt, gerade auch hier im Netz. Ja, ich bin für mehr Gärten, für mehr geheimnisvolle Dachböden und Indianerzelte im Internet, wo Phantasie, Möglichkeitssinn und Kreativität sich wechselseitig beflügeln.
Fotos (c) Ieva Jansone, die mit ihrem Büro für utopische Angelegenheiten einen solchen Gegenraum auf Facebook baut und noch bis zum 1. August in der Realwelt betreibt {Türrschmidtstraße 24 | Berlin-Lichtenberg | Nähe S-Bhf. Nöldnerplatz}.